Sonntag Morgen, 7 Uhr...Langsam geht die Sonne auch hier oben im Himalaya auf. Nur schlecht habe ich heute Nacht geschlafen, also ziehe ich mir auf dem Weg zur Maschine schnell einen CoffeeToGo rein.
Bereits gestern Abend erreichte uns der Notruf einer Helikoptercrew, die südlich des Cho Oyu auf einem Gletscher notlanden musste. Wegen der schlechten Sichtverhältnisse -es war schon kurz vor Sonnenuntergang- entschieden wir uns, die Rettungsaktion auf den heutigen Morgen zu verschieben. Nichtsdestotrotz bereiteten wir gestern alles pinibel vor. Unsere Twin Otter wurde vollgetankt, die Ausrüstung gecheckt und das wichtigste: Wir kontaktierten Lukla, wo die einzige Ski-Ausrüstung für eine Twin Otter gelagert ist. Auch dort wurde alles vorbereitet.
Unsere Planung sah vor, dass wir zunächst von Kathmandu nach Lukla fliegen, dort die Ski an die Maschine montieren und dann zum Gletscher fliegen, um die Pechvögel zu retten. Anschließend sollen die Ski wieder in Lukla abgeliefert werden. Für den Fall, dass ein oder mehrere Crewmitglieder dringend medizinische Hilfe bräuchten, wäre es auch möglich, direkt nach Kathmandu zu fliegen.
Soweit die Theorie....
...Nun zur Praxis: Die Maschine steht abflugbereit auf dem Vorfeld, mein Co-Pilot und ich gehen die Checklists durch und sind wenige Minuten später schon in der Luft. Nach dem Initial Climb drehten wir nach Osten Richtung Lukla.
Die starken Triebwerke ziehen uns rasch auf Cruise Altitude 15,000ft. Traumhaft dieser Blick, man vergisst fast, dass wir auf einer Rettungsmission sind. Nur die Wolken in den Tälern machen mir Sorgen. Lukla meldete zwar gute Sicht, doch das konnte sich auf dieser Höhe schneller ändern, als einem Piloten lieb ist. Wir beide wissen, dass schlechte Sich in Lukla die Landung und damit die ganze Mission in Gefahr bringen würde.
Kräftiger Rückenwind bläst uns in knappen 20 Minuten nach Phaplu, wo wir sinken und in das Tal des Flusses Dudh Kosi Richtung Lukla eindrehen. Gott sei Dank haben wir gute Sicht, nur wenige kleine Wolken hängen in dem Tal. Wir verringern unsere Geschwindigkeit und fahren Stück für Stück die Klappen aus. Leicher Seitenwind zwingt uns zu noch mehr Vorsicht, als bei diesem Anflug sowieso schon notwendig ist!
Wir setzen früh auf und setzen gleich Full Reverse Thrust. Aufgrund der fehlenden Ladung auf dem heutigen Flug, kommt unsere Twin Otter schnell zum Stehen und wir fahren zügig auf die Parkposition, wo die Flughafenmitarbeiter bereits mit den Ski bereit stehen.
Das Team leistet gute Arbeit. Die Ski sind montiert, zur Sicherheit überprüfe ich die gesamte Konstruktion, bevor wir uns Richtung Cho Oyu auf den Weg machen. Gesagt, getan sind wir auch schon airborne und folgen dem Tal nach Norden. Fünf Minuten Flugzeit sind eingeplant, doch wie lange die Suche nach dem Helikopter dauern wird, wissen wir nicht. Nach dem eilig abgesetzten Notruf brach der Kontakt zur Maschine ab.
Zu unserer Überraschung sehen wir von weitem eine kleine, aber dunkle Rauchwolke, die sich vom weißen Schnee des Gletschers gut absetzt. "Wir haben Sie, Sir" ruft der FO und auch mir fällt ein Stein vom Herzen. In geringer Höhe überfliegen wir die Unglücksstelle und sehen die beiden Besatzungsmitglieder zu uns hinaufblicken und winken.
Ein starker Wind von fast 50kt macht die Landung auf dem Gletscher zu einem lebensgefährlichen Unterfangen! Doch auch diese Herausforderung meistern wir und kommen neben dem Wrack zum Stehen. Überglücklich empfängt uns die Crew. Doch der Captain des russischen Hubschraubers ist verletzt. Ich steige aus und helfe, ihn in unsere Maschine zu setzen. Meine Zeit als Rettunssanitäter kommt mir zu Gute und ich untersuche den Kollegen. Ein Bein ist gebrochen, doch ansonsten ist er wohlauf. In der Zwischenzeit hat mein FO die Maschine wieder Ready for Take Off gemacht und so legen wir unverzüglich los, um die Ski-Ausrüstung wieder in Lukla abzuliefern.
Auch diese Landung in Lukla gelingt uns und das Bodenteam hat uns schnell von den Ski befreit. So sind wir auch schon wieder auf dem Weg und drehen nach links Richtung Süden, um im Tal an Höhe zu gewinnen und dann so schnell wie möglich den Kurs Richtung Kathmandu einzuschlagen.
Leider bläst uns ein kalter Wind entgegen und so dauert es etwas länger, bis wir den Talkessel, in dessen Zentrum Kathmandu liegt, erreichen. Davon ungetrübt ist allerdings die Stimmung an Bord. Müde und erschöpft, aber glücklich, bewundern wir den Ausblick auf die schönen und -wie wir am eigenen Leib erfahren hatten- zugleich gefährlichen Berge und Täler des höchsten Gebirges der Erde. So schwelgt jeder in seinen Gedanken, nur der Heli-Captain schlummert auf seiner Trage und wäre jetzt wohl gerne bei seiner Frau und den Kindern.
Kathamandus Anfugkontrolle reißt uns aus unseren Tagträumen und erkundigt sich auch gleich nach unseren Gästen. Erfreut über den erfolgreichen Ausgang der Mission bekommen wir Landeerlaubnis für Runway 02.
Behutsam setze ich die Maschine auf und lasse sie langsam ausrollen, um auf Höhe des Terminals die Runway zu verlassen. Während des Rollvorgangs schaue ich nach hinten und siehe da, der Captain schläft noch immer tief und fest.
Der Tower weist uns eine Vorfeldposition zu, an der wir unsere "Fracht ausladen" und uns verabschieden. Mehr als ein Schnarchen bekommen wir vom Captain nicht zu hören, als er in den Krankenwagen geladen wird. Doch der FO lädt uns zu einem Lunch ins Flughafenrestaurant ein.
Heute Mittag erwartet uns ein Charterflug, wieder nach Lukla. Amerikanische Abenteurer haben eine Komplett-Tour mit Flug und Sherpa-Führung zum Mount Everest gebucht. Traurig, wie weit sich der Pauschaltourismus in der heutigen Zeit entwickelt hat...
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