Koffer-Chaos auf Roms Flughafen - Fehlorganisation oder Sabotage?
ROM (dpa) - «Das ist Italien! Bella Italia!», stöhnt ein deutscher Urlauber aus München. Seit Stunden wartet er auf dem römischen Flughafen Leonardo da Vinci auf seinen Koffer. Um ihn herum herrscht Chaos: Koffer, Rucksäcke und Reisetaschen in allen Farben stapeln sich in den Hallen - und dies just zur sommerlichen Hauptreisezeit.
Aufgebrachte Touristen rennen den Beschwerdestellen die Türen ein, während andere resigniert auf Trolleys hocken. Vor allem das vergangene Wochenende war für viele Reisende ein Alptraum. Wie so oft in Italien liegen die Ursachen für die Misere bisher völlig im Dunkeln. «Ich bin vor 47 Jahren nach Kanada ausgewandert, und bis heute hat sich in Italien nichts verändert», brachte es ein aus Toronto kommender Italiener auf den Punkt.
Zunächst hatte die Luftfahrtbehörde ENAC den Flughafenangestellten die Schuld in die Schuhe geschoben, sprach gar von «Sabotage». Das Personal blockiere die Gepäckausgabe mit Absicht, hieß es. Die zuständigen Mitarbeiter verteidigten sich hingegen mit dem Argument, es gebe viel zu wenige Angestellte auf dem Airport. «Die Situation in diesen Tagen ist schlimm, aber wir haben noch keine konkrete Spur», sagte der Staatsanwalt Consolato Labate, der Ermittlungen wegen des Sabotage-Vorwurfs aufgenommen hat. Falls sich herausstellen sollte, dass das Chaos mutwillig hervorgerufen wurde, würden die Verantwortlichen strafrechtlich verfolgt, fügte er hinzu.
Am Montag reagierte die ENAC schließlich und führte eingehende Kontrollen auf dem römischen Flughafen durch, wobei die Zeit für die Gepäckausgabe sogar mit Stoppuhren gemessen wurde. Hinweise auf Sabotage seien dabei nicht gefunden worden, teilte die Behörde am Dienstag mit. Das Fazit: Auf dem Airport herrscht schlicht und einfach eine völlige Fehlorganisation.
Dennoch mutet es seltsam an, dass in den vergangenen Tagen sogar Koffer entdeckt wurden, auf deren Anhängern der Strichcode mit Kaugummis oder Plastiktüten überklebt wurde, um so das automatische Sortiersystem zu behindern. Auf einem Gepäckband wurde gar ein großer, eingehämmerter Nagel entdeckt, der das System immer wieder zum Stillstand brachte. «Irgendjemand muss diesen Nagel da ja angebracht haben», meinte ein Augenzeuge.
Aber nicht nur ankommende Touristen, sondern auch italienische Urlauber, die vom römischen Flughafen abfliegen wollen, erleben böse Überraschungen: «Ich war eine Woche in Bodrum in der Türkei - und mein Koffer ist nie angekommen», sagte ein italienischer Anwalt. «Auch in Rom habe ich anschließend mein Gepäck nicht wiedergefunden, das ist Wahnsinn! Mein Urlaub ist dadurch jedenfalls gründlich in die Hose gegangen.»
Die Zeitung «La Repubblica» versuchte am Dienstag eine Erklärung: Schon beim Check-In würden die meisten Fluggesellschaften viel mehr Koffer annehmen, als in den Gepäckraum der Flieger passen. «Dadurch bleiben täglich tausende Koffer am Boden, die entweder auf nachfolgende Flüge verteilt werden oder einfach verloren gehen.»
Gut lachen hat da derzeit der Mailänder Großflughafen Malpensa: «Hier funktioniert alles!», freuen sich die Direktoren. Und dies nicht zuletzt, weil auf dem Airport seit diesem Sommer ein neuartiges elektronisches System installiert wurde, mit dem jedes Gepäckstück mühelos identifiziert werden kann.