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Bangkok - Flugzeugschlepper, Gepäckwagen, Jumbo-Jet - wenn ein Großflughafen wie Bangkok International umzieht, erinnert wenig an Wohnsitzwechsel vom Einfamilienhaus in die Villa. Für die Organisatoren gilt es, einen Ameisenhaufen umzusiedeln - mit der Präzision einer Herztransplantation.
Kurz vor 3 Uhr startet das letzte Flugzeug vom alten Flughafen Don Muang. Wenige Minuten später landet der erste Langstreckenflug am neuen Suvarnabhumi International Airport der thailändischen Metropole. "Touchdown into chaos - Landung im Chaos" titelt eine thailändische Tageszeitung am Tag nach dem Umzug.
Eine Facette davon können zum Beispiel Passagiere eines Thai-Airways-Fluges nach Frankfurt miterleben, als sich der Start ihrer Boeing 747 um rund eine Stunde verspätet. "Meine Damen und Herren, wie Sie alle wissen - dieser Flughafen ist neu", entschuldigt sich der Kapitän freundlich, aber mit einem gewissen Sarkasmus in der Stimme. Suvarnabhumi heißt "Goldenes Land". Doch davon sehen die wartenden Passagiere recht wenig - über dem Terminal zieht eine tiefgraue Wolke dahin und verzögert mit Regengüssen von der Gewalt eines Wasserfalls die Abfertigung noch weiter.
Damit der Wahlspruch von Thai Airways "Smooth as silk - geschmeidig wie Seide" beim Umzug des Heimatflughafens nicht zum rauen Schmirgelpapier wird, helfen Umzugsplaner wie Peter Trautmann oder Jörg Oppermann von der Flughafengesellschaft München. Die Spezialisten aus Deutschland sind seit ihrem Umzug 1992 von München- Riem zum neuen Flughafen im Erdinger Moos weltweit gefragte Experten, wenn Großflughäfen die Umzugskartons packen. Rund 20 Spezialisten beraten die Kollegen in Bangkok.
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Trautmann und sein Team sind keine Besserwisser. Sie helfen mit Expertise und Erfahrung. Auch die Spezialisten können nicht garantieren, dass jeder der rund 40.000 Mitarbeiter des Großflughafens seinen Platz findet und den richtigen Knopf drückt.
"So was Großes haben wir noch nie umgezogen", sagt Trautmann beim Abendessen, kurz bevor der Umzug in die heiße Phase geht. "Es rollen 1660 Transporte", beschreibt er den Konvoi aus Schleppern, Gepäckanhängern, Bussen und anderem Spezialgerät, das in einer Nacht von Don Muang rund 30 Kilometer weit an seinen neuen Arbeitsplatz Suvarnabhumi transferiert wird. Der rund 3,9 Milliarden US-Dollar teure Flughafen ist zwar schon seit wenigen Wochen geöffnet - einige Inlandsflüge starten und landen bereits seit Mitte September.
In der Nacht vom 27. zum 28. September werden aber die gesamten internationalen Flüge verlegt - das heißt dann rund 110.000 Fluggäste pro Tag - Sprung von Null auf 100 Prozent. In Bangkok schlägt ein Herz des interkontinentalen Luftverkehrs zwischen Europa, Asien und Australien - und für die Transplantation haben Trautmann und sein Team keine Herz-Lungen-Maschine zur Verfügung. Der neue Suvarnabhumi Airport hat mit Don Muang so viel gemeinsam wie eine Boeing 707 von 1960 mit dem Airbus A380. Der Flughafen wurde seit Jahrzehnten geplant und nach vielen Auseinandersetzungen schließlich gebaut.
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Die Einkaufsmeile im Terminal wirkt am Tag vor der Eröffnung noch wie eine Industriemesse in der Nacht vor dem Kanzlerrundgang - überall hämmern und schrauben Handwerker, legen Teppiche und rücken Stühle. In einem Schnellrestaurant legen Techniker letzte Hand an Boulettenbräter, Getränkeautomaten und Friteuse. Der Souvenirstand nebenan ist schon fast fertig: Kitsch-Elefanten winken mit dem Rüssel, Plüschteddys warten auf den Kundenansturm. Wenige Meter weiter macht sich das Imperium des globalen Flughafenshoppings startklar: Krawatten, Ledertaschen, Digitalkameras, Bücher aus aller Herren Länder und die obligatorischen Duty-Free-Shops.
In der Abfertigungshalle sind schon einige Schalter für Inlandsflüge in Betrieb, während Handwerker noch letzte Hand an das tempelähnliche Portal der First-Class-Abfertigung legen. Maler pinseln Goldfarbe auf die pompösen Pfeiler. Eine Rucksackreisende mit Gitarre über der Schulter und Badelatschen irrt zwischen den Ledersesseln der Premiumklasse herum. Unsicher sucht sie den Schalter für ihren Inlandsflug.
Kurz vor 22 Uhr beginnt am Umzugstag im Frachtbereich des alten Don Muang-Flughafens die heiße Phase. Hunderte von Tiefladern drängen sich auf dem Betonfeld vor den Lagerhallen. Bei strömendem Regen verzurren mehrere hundert Arbeiter Gepäckwagen und ähnliches Kleingerät auf die Lastwagen. Ein Teil der Vorfeldflotte, zum Beispiel Busse und Tankwagen, fährt selbst ans Ziel.
Während die Lademannschaften heftigen Regenböen trotzen, donnern wenige hundert Meter entfernt noch Langstreckenflüge über die Startbahn des alten Airports. Eine Boeing von Singapore Airlines verschwindet in den tief hängenden Wolken, gefolgt von einem ANA-Jet mit Kurs nach Japan. Kurz darauf kämpft sich schwer beladen ein Langstreckenflug der Air France in den Nachthimmel. Auf der regennassen Bahn setzt um kurz vor Mitternacht ein Jumbo der Qantas auf.
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Bangkok ist mit rund 40 Millionen Passagieren eines der großen Drehkreuze in Asien - in der gleichen Liga spielen Hongkong, Peking, Singapur und Tokio. Zum Vergleich: 52 Millionen Passagiere zählte Frankfurt/Main im vergangenen Jahr - weltweiter Rekordhalter ist Atlanta mit 85 Millionen Reisenden.
Im Terminal des Don Muang-Flughafens herrscht kurz nach Mitternacht Kehraus: Die letzten Fluggäste checken ein. Daneben läuft die Abschiedsfeier von Thai Airways. Auf einer Bühne singen Mitarbeiter, erinnern an die jahrzehntelange Geschichte des Flughafens. Die Stimmung schwankt zwischen "Muss i denn zum Städtele hinaus" und "Ich hat' einen Kameraden". Auf Pinnwänden haben viele Angestellte Abschiedswünsche wie "Good Bye Don Muang, hier hatte ich 1969 meinen ersten Arbeitstag am Check-In" hinterlassen.
Dazwischen kleben Fotos aus den Glanzzeiten des Flughafens in den 60er und 70er Jahren. Sie erinnern an die Epoche, als Flugreisen nach Fernost vor allem Generaldirektoren im grauen Anzug statt Rucksackreisenden mit Schlapphut vorbehalten waren. Passagiere auf den Bildern genießen mehrgängige Menüs mit Grand Marnier und dicker Zigarre statt dürftiges Kompaktessen vom Plastiktablett beim Billigflieger. Andere Bilder zeigen, wie ein Elefant würdevoll ein Flugzeug vom Typ Caravelle zieht. Der Jet galt in den 50er und 60er Jahren als Inbegriff von Eleganz und technischem Fortschritt.
Mit düsteren Gängen, fleckigen Teppichen, hupenden Taxis und Getümmel wie im Ameisenhaufen war Don Muang Jahrzehnte Tor nach Südostasien. Selbst wer das Terminal nicht verließ, bekam einen Hauch von thailändischer Lebensart mit, wenn er auf dem Flug von Europa nach Australien oder Indonesien zwischenlandete. Tausende von Orchideen wurden an Umsteiger verkauft und liebevoll in Kartons verpackt. Oft nahmen sie im Gepäckfach eines Langstreckenfluges nach Frankfurt Paris oder London ein trauriges Ende - rücksichtslos zerdrückt von daraufgestopften Rucksäcken, Beautycases oder Didgeridoos, wenn der Flug aus Australien kam.
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Als der Flugbetrieb um 3 Uhr von Don Muang nach Suvarnabhumi verlegt wird, bekommt ein Frachtflugzeug der Lufthansa Cargo die Premierenrolle: Wenige Minuten später setzt die MD 11 auf. Zahlreiche Langstreckenflugzeuge von Thai Airways landen nach einem rund 15-minütigen Umzugsflug an ihrer neuen Heimatbasis - ein kleiner Hüpfer fürs Jets, die sonst 10.000 Kilometer in zwölf Stunden nonstop zurücklegen. Erster Passagierflug ist eine Verbindung aus Kiew - die Passagiere werden zu thailändischen Medienstars, als ihr Abfertigungsschalter von mehreren Dutzend Fotografen und Filmteams umlagert ist.
"Zwei amerikanische Gesellschaften auf dem Flug von Tokio hierher haben sich fast ein Wettrennen geliefert", berichtet Peter Trautmann schmunzelnd. Für sein Team ist die Nacht eher Marathonlauf als Kurzstreckenrennen. "Bisher läuft noch alles ganz gut", sagt Projektleiter Oppermann kurz nach halb vier in der Nacht.
Albtraum für Trautmann und sein Team sind Situationen wie kürzlich am Flughafen Heathrow nach den vereitelten Terroranschlägen: Passagiermassen im Terminal, heulende Kinder, Kofferchaos, Staus auf dem Rollweg - stundenlange Verspätung. "Es gibt drei Säulen - Computersysteme, Gepäckanlagen und Kommunikation", beschreibt Trautmann die kritischen Punkte. So stürzte zum Beispiel an einem anderen Großflughafen kurz nach der Eröffnung die EDV-Anlage ab. Mit Kreidetafeln und handgeschriebenen Platzkarten mussten sich Passagiere wie in den Gründerjahren der Luftfahrt ihre Wege suchen.
"Wichtig ist die erste Welle", erklärt Trautmann. Das bedeutet: Am Morgen folgt der erste Verkehrsknoten des Tages: Jumbos aus Übersee mit mehreren hundert Gästen an Bord landen und fliegen nach rund 90 Minuten Bodenzeit wieder ab. Dazu kommen Anschlussflüge zu regionalen Zielen wie Pattaya. Solche Spitzenzeiten sind Zwischenspurts im täglichen Marathon eines Großflughafens - Umladen der Koffer und Umsteigen der Passagiere müssen möglichst schnell ablaufen.
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In der Gepäckanlage und an den anderen kritischen Punkten haben die Münchner Umzugsberater Spezialisten eingeteilt. Doch obwohl Gepäckbänder und Abfertigung funktionieren, gerät die Verladung ins Stocken - beim Regenchaos sind schlicht zu wenig Rollwagen für den Transport von Koffern und Containern bereits in Suvarnabhumi eingetroffen. Einen direkten Draht zum Regengott haben aber auch die besten Umzugsplaner nicht. Als sich das Wetter bessert, läuft auch die Abfertigung wenig später wieder glatt.
Bei der Lagebesprechung gegen 11.30 Uhr macht sich bei Trautmann und seinem Team langsam Erleichterung breit: "Im Großen und Ganzen klappt es - bisher nur einige kleine Unregelmäßigkeiten." Dabei geht es nicht darum, Schwierigkeiten zu vertuschen - Anzeigetafeln und frustrierte Passagiere machen ohnehin jede Verzögerung öffentlich.
Während Jumbo-Jet und Airbus auf den Rollwegen relativ schnell wieder zur Startbahn und damit in Richtung auf ihr Ziel abheben, herrscht auf den Straßen rings um den Flughafen mehr Unsicherheit. Taxichauffeure hören vom neuen Flughafen am Eröffnungstag zum ersten Mal: "Suvarna-Bumm? New Airport", tönt es dem Fahrgast entgegen, bevor sich das Auto auf den Weg zum Flughafen macht. Fahrgäste müssen tatkräftig bei der Suche nach Hinweistafeln helfen. Glücklicherweise ist der Weg auf den Autobahnen gut ausgeschildert. Doch beim Anblick des bunt erleuchteten, futuristischen Terminals blickt der Fahrer ungläubig staunend, als ob Raumschiff Enterprise gelandet wäre. "Weit weg - wie komme ich zurück in die Stadt?", verabschiedet er sich verzweifelt.
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In den nächsten Tagen normalisiert sich der Betrieb weitgehend. In der Ladengasse wimmelt es von Passagieren - in manchen Ecken werkeln aber immer noch Handwerker. So sind einige Wartelounges schon in Betrieb. Direkt daneben übertönen Bohrmaschinen und kreischende Trennschleifer noch die dezente Dudelmusik. Im Terminal herrscht die gleiche Geschäftigkeit wie in Don Muang: Reisende drängen zum Schalter, Passagiere werden von Angehörigen oder hektischen Hotelanbietern erwartet, die ihre traditionsreiche Tätigkeit von Don Muang nach Suvarnabhumi verlagert haben.
"Aus unserer Sicht sieht alles positiv aus - angesichts dessen, was alles schiefgehen kann", bilanziert Trautmann. Lange Ruhepausen sind für die Münchner Spezialisten nicht angesagt - bald steht der Umzug im indischen Hyderabad auf dem Programm.
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