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Sonntag, 15. August 2010, 19:25

Dabei im FullSim beim REFRESHER

Nach meinem Jump-seat-Flug Bremen/Teneriffa/Bremen konnte ich nun einen weiteren Höhepunkt erleben: Ich durfte beim REFRESHER einer Crew ca. 5 Stunden im A-320
Fullsimulator in Berlin dabei sein, auch das Vor- und Nachbriefing im Briefingraum gehörte dazu.

Mein Bekannter, Check-Kapitän auf A-320 und für den REFRESHER verantwortlich, hatte das Einverständnis der Crew vorher eingeholt. Das ist nicht selbstverständlich, da die Crew ja unter ziemlicher
Anspannung steht und 5 Stunden lang hochkonzentriert Dinge abarbeiten muß, die normal kaum vorkommen.





REFRESHER,

Teil 1: Airport- Familiarisation SPC (La Palma-Kanaren)

Wie die Überschrift schon ausdrückt, ging es hier um den Airport La Palma (SPC) und seine Anflugverfahren. Die anwesenden Piloten bezeichneten La Palma wegen seiner
Lage und der Windphänomene als sehr tückisch, mehr noch als Funchal-Madeira. Der Wind spielt auf allen Kanaren immer eine Rolle und ist häufig für eine
Überaschung gut wenn er in 50 Fuß plötzlich aus gegenläufiger Richtung kommt und kurz vor touch-down wieder wechselt.
Auf La Palma gibt es lediglich einen NDB-Approach und beide Runways haben Berge im Anflugsektor. Der Wind kommt dabei aus den angrenzenden Bergen und wechselt nicht selten die Richtung.
Ausgiebig geübt wurden von beiden Piloten der Letdown-Approach auf die 01 und ganz besonders das Circle-Landing auf die 19 welches sehr anspruchsvoll ist,
besonders wenn die Wetterbedingungen grenzwertig sind.
Es folgten diverse Take-Offs mit Engine-failure before V1 mit Startabbruch und after ROTATE mit Weiterflug und sofortiger Landung mit nur einemTriebwerk.
Danach folgten STALL- Übungen in Flight Level 100. Ziel war es einen STALL zu beherrschen und die dafür erforderlichen Procedures zu üben, dabei wurde im DIRECT-LAW mit Throttle-Stellung 40% der STALL provoziert. DIREKT LAW deshalb
weil im NORMAL-LAW der Airbus ja automatisch reagieren und korrigieren würde. Der Airbus hat ja keinen Stick-Shaker sondern es erfolgt der System-Ausruf
STALL. Die korrekte Reaktion der Crew ist sofortiges Nose-down bis der STALL aufgehoben ist, dann vorsichtiges Gas geben um keinen Secondary- STALL zu verursachen.
Dieses wurde auch im Kurvenflug geübt. Hier ist es wichtig zunächst auszuleveln und erst dann die Nase nach unten zu nehmen, ggf. können auch die flaps
gefahren werden um mehr Auftrieb zu bekommen.

Der Weiterflug und die Landung aus dieser Übung heraus erfolgte immer noch im DIRECT LAW um der Crew demonstrativ zu vergegenwärtigen, dass jetzt der Airbus nicht mehr automatisch trimmt
sondern der Pilot dieses mittels des Trimmrades machen muss. Außerdem dürfen im DIRECT LAW bei der Landung die Flaps nur bis Stufe 3 gefahren werden.





Der anspruchsvollste Teil des REFRESHER war das FIRE/SMOKE-Scenario.

Nach dem Start auf Runway 01 in La Palma mit erheblichen, vom Checker verursachte, Windshears ( Throttle von CLIMB sofort wieder auf TOGA) wurde in FL 100 ein Smoke-Scenario
eingespielt. In das Cockpit drang dichter Rauch, die Piloten setzten sofort die Masken auf, die Sicht war ziemlich eingeschränkt. Zielvorgabe war eine schnelle
Landung auf einer der Inseln. Entscheidung der Crew auf Grundlage von „FORDEC-Time critical“ (Facts, Options, Risk/Benefits,Decision, Execution, Check): Wegen der
schwierigen Anflugbedingungen und der kurzen RWY schied La Palma sofort aus zumal es eine Overweight-Landing mit TOW 74to sein würde.
Man entschied sich sofort für Teneriffa Süd. Aufgrund der kurzen Flugzeit dahin ( ca. 20 Minuten) verzichtete man auch auf die Abarbeitung der Smoke and
Fire-Procedure da die beiden alle Hände voll zu tun hatten sich auf die Landung vorzubereiten und das mit Masken und vernebelten Cockpit. Es wurde mit der
Taschenlampe im Overhead nach Schaltern gesucht. Natürlich wurde der Notfall deklariert und in Teneriffa wurde alles in Bereitschaft versetzt. Bei der
Landung in Teneriffa wurden vom Checker noch mal ziemlich heftige Turbulenzen eingespielt- einmal war die Bahn links, dann wieder rechts- aber die Crew erledigte dieses schwierige
Manöver bis zum Landung hervorragend.





Teil 2


SPATIAL DISORIENTATION (Räumliche Disorientierung)

Dise ist wohl kein unbekanntes Thema und es hat auch schon einen Unfall gegeben.

Man unterscheidet 3 Arten von Spatial Disorientation:

1.Type I
(unrecogniced): Die Fehlorientierung wird nicht bemerkt. Typisch dafür ist der
„Black Hole Approach“ aufgrund fehlender
Höhen-/Tiefenwahrnehmung.

2. Type II
(recogniced): Der Pilot merkt, daß etwas nicht stimmt, korrigiert die Lage des
Flugzeugs aber nicht weil er von einer Fehlfunktion der Instrumente oder der
Steuerung, nicht aber seiner Sinne ausgeht- so vermutlich auch bei dem
beschriebenen Unfall geschehen.

3. Type
III (incapacitating): Die Fehlorientierung ist so überwältigend, dass der Pilot
sich nicht dagegen wehren kann obwohl er sich darüber im klaren ist, dass ihn
seine Sinne täuschen.

Metereologische Faktoren
die SD begünstigen:

Nebel, Dunkelheit, wenig Konturen (Meer,Eis)

Physiologische Faktoren:
Krankheit, Müdigkeit, großer Stress, Überaschungsmoment, Erschöpfung.

Wirkliche SD läßt sich im Simulator nicht erzeugen, es wurden aber einige ineinander aufbauende Übungen als Eskalationsleiter absolviert
um sich diesem Thema zu nähern, u.a. wurden mehrere STEEP TURNS geflogen, das sind Vollkreise mit Bank 45° in beiden Richtungen.
Ziel diesesÜbungsabschnitts war: Beim Erkennen von solchen Situationen muß der „Pilot not flying“ den Mut haben sofort die
Kontrolle mit „My Controll“ und der Sperrung des Side-Sticks des Kollegen den Flieger zu übernehmen. Ich spreche hier deshalb von Mut weil der FO gerade mal 600 Stunden
aufzuweisen hatte und der Captain 8000. Es wurde eine Scene provoziert in der der FO hätte eingreifen müssen, es aber nicht tat obwohl er im PFD sah, dass der
Steuerbefehl falsch war und der Flieger statt nach rechts links in die Berge krachte. Zwar war der eingegebene Steuerbefehl richtig aber die Übung sah vor,
dass der Sidestick falsch angeschlossen war (solls schon gegeben haben!) und somit seitenverkehrt reagierte, eine teuflische Situation. Die Notwedigkeit der Übernahme des
Fliegers , hier durch den jungen FO, wurde im anschließenden
Briefing noch einmal ganz deutlich hervorgehoben.
Es gibt diverse interpersonelle, procedurale und techische Abwehrstrategien um eine SD möglichst
auszuschließen.

Siehe hierzu auch: http://www.dr-traut.de/html/disorientierung.html

In der Pause war ich dran: Take off Hannover 27R , Platzrunde, Landung wieder auf 27R. Zu meinem Leidwesen schaute die
Crew, statt Pause zu machen und Kaffee zu trinken, dabei zu, natürlich mit Bemerkungen wie „jetzt erwarten wir aber eine saubere Landung“.

So ein Flug im Fullsim ist wirklich immer wieder beeindruckend vor allem weil durch die Full-Motion auch die Bewegungen wie beim echten Flug zu spüren sind. Es war
mein 4. Fullsimflug, allerdings der erste auf Airbus. Ich flog nach Flightdirektor und nach der Gewöhnung an den Stick ( spezielle Airbus- Philosophie)
klappte es ganz gut, die Landung war allerdings ziemlich ruppig, das Flaren ist doch ziemlich wichtig und fiel der Anspannung zum Opfer. Es kommt alles so schnell hintereinander auf
einen zu: Throttle auf Idle, flaren, mit dem Rudder die Linie halten und gleichzeitig mit den Fußspitzen bremsen, Reverser Off.

Der Simulator-Aufenthalt war wieder ein tolles Erlebnis weil ständig etwas passiert was nicht normal ist und man gespannt ist wie die Crew mit diesen Herausforderungen fertig wird. Ich
saß hinter der Crew direkt neben dem Check-Kapitän und er informierte mich
immer leise welche „Schweinerei“ er als nächstes über seine beiden touch-screen-Monitore einspielen würde. Im Simulator sitzt man angeschnallt weil es natürlich richtig
schaukelt wenn Windshears und Turbulenzen eingegeben werden.

Es ist sehr beruhigend, dass die Airlines durch solche REFRESHER den Ausbildungsstand ihrer Crews qualitativ hoch und immer auf dem neuesten Stand halten.

Gruß

Rolf

Dieser Beitrag wurde bereits 45 mal editiert, zuletzt von »Rolf« (4. Dezember 2012, 11:53)


2

Sonntag, 15. August 2010, 19:32

Tolle und anspruchsvolle Sache :thumb:
Da sieht man was die Burschen leisten müssen/können 8|
:thumb:

Lauter Werkzeuge halt

3

Sonntag, 15. August 2010, 20:23

Richtig klasse :thumb:

:thx: für´s mitnehmen :yes:
Viele Grüße,
Lukas :winke:

4

Montag, 16. August 2010, 07:18

Hallo und guten morgen Rolf,


Danke für den Interessanten Bericht , da könnte man glatt mehr von lesen :thumbsup: :bier:
Gruß Klaus


Mein PC:ASUS Max VI / i7-4770K @ 4,5 GHz/GIGABYTE GTX 760 4095 MB / G.Skill 16GB DDR3-1866 / WD Black 1 TB / Sys: 256 GB ForceGS /FSX: 500 GB 840 EVO / TM-Warthog / FSX - ACC / OS: Win 7 64-Bit