Es gibt einen Kollektivvertrag Arbeitskräfteüberlassung. Dieser ist dem KV Metallindustrie sehr ähnlich. Er legt fest, dass die Bezahlung für jede Überlassung nach dem KV Arbeitskräfteüberlassung und nach dem KV des Beschäftigers (= die Firma, in der der Zeitarbeiter arbeitet) zu ermitteln ist. Der höhere Lohn ist zu zahlen. Das bedeutet, dass zB ein Tischler als Zeitarbeiter ca 20 % mehr verdient als wenn er direkt in einer Tischlerei sein Dienstverhältnis hat. Urlaub und Sonderzahlungen (Urlaubszuschuß und Weihnachtsremuneration) gebühren in gleicher Höhe wie in der Metallindustrie (auch da steigt der Tischler als Zeitarbeiter teilweise besser aus).
Natürlich gibt es auch unter den Arbeitskräfteüberlassern schwarze Schafe, die ihren Mitarbeitern einen Teil des Lohnes vorenthalten. Zeitarbeiter sind dem aber keineswegs wehrlos ausgeliefert: einfach mit Auszahlungsnachweisen und Aufzeichnungen der geleisteten Stunden zur Arbeiterkammer gehen, die kostenfrei feststellt, ob Teile des Lohnes fehlen. Wenn der Lohn nicht in vollem Anspruch bezahlt wurde urgiert die Arbeiterkammer per Brief und danach durch Klage beim Arbeitsgericht, das in Österreich traditionell sehr arbeitnehmerfreundlich urteilt. Die Nachforderung von Lohn ist bis zu 3 Jahren in die Vergangenheit möglich.
Arbeitskräfteüberlassung ist auch keineswegs eine einfache Tätigkeit, bei der man sich auf Kosten der unterbezahlten Mitarbeiter ein goldene Nase verdient. Typischerweise wird pro Stunde ein Deckungsbeitrag von 2 bis 3 Euro erziehlt. Von diesem Deckungsbeitrag sind erst einmal die Gemeinkosten wie Büromiete, interne Angestellte, EDV, Telefon usw zu bestreiten. FAlls etwas überbleibt, ist das ein Rohgewinn, der je nach Gesellschaftsform des Unternehmes noch zu versteuern ist. Und danach bleibt im günstigen Fall ein Gewinn. Das Risiko ist ziemlich groß, weil einerseits durch Kunden, die nicht bezahlen können, und durch Mitarbeiter, die sich mutwillig krankschreiben lassen, leicht Ausfälle entstehen, die den gesamten Ertrag auffressen. Wenn nur einige Prozente des Umsatzes nicht bezahlt werden oder die Mitarbeiter im Mittel mehr als eine Woche im Jahr krank sind, ist es kaum noch möglich, einen Gewinn zu erzielen.
In dieser Branche gibt es einen starken Wettbewerb, der dazu führt, dass es schwierig ist, zu kaufmännisch korrekt kalkulierten Preisen zu verkaufen. Vielfach sind Arbeitskräfteüberlasser gezwungen, zu sogenannten marktüblichen Preisen zu verkaufen, die eigentlich um 2 bis 3 € pro Stunde zu niedrig sind.
Wenn jemand autochthoner Österreicher und ein tüchtiger Facharbeiter ist, der kann bei einem Arbeitskräfteüberlasser arbeiten, zum Beispiel weil er berufliche Abwechslung liebt, aber er muss nicht, weil er leicht eine fixe Stelle finden wird. Etwas anders ist es bei Arbeitern, die durch dünklere Hautfarbe und mangelhaftes Deutsch nicht so leicht eine fixe Anstellung finden. Ebenso jene, die nicht so leistungsfähig sind. Für die ist Zeitarbeit eine Chance, überhaupt in die Arbeitswelt zu kommen. Denn Arbeitskräfteüberlasser sind meist weniger wählerisch als andere Firmen und geben fast Jedem eine Chance. Wer sie nützt und sich als feleissig und tüchtig zeigt wird oft vom Beschäftigerbetrieb nach einigen Monaten übernommen. Aber auch die Arbeitskräfteüberlasser behandeln ihre besten Mitarbeiter pfleglicher als Faulenzer.
Bevor man unüberlegt ein Verbot der Zeitarbeit fordert sollte man einmal mit einigen Zeitarbeitern sprechen. Die meisten von ihnen würden gerne mehr verdienen (wer möchte das nicht?), aber sind gleichzeitig froh, dass sie Arbeit haben und nicht arbeitslos sind.
Schließlich steht es auch jedem frei, die ach so bösen Arbeitskräfteüberlasser zu beschämen, in dem man selbst so eine Firma gründet und ganz sozial agiert:
.) den Mitarbeitern deutlich mehr als Kollektivvertrag bezahlt
.) nicht nur die Tüchtigsten behält, sondern auch die Faulen, Unzuverlässigen, Alkoholsüchtigen, chronisch Kranken usw
.) wenn zB in einerm Jahr der Rezession weniger Umsatz gemacht werden kann wird Niemand gekündigt. Die Löhne der Untätigen zahlt der Unternehmer mit Freude von seinem privaten Geld.
Ich weiß (und kann das auch mit seriösen Kalkulationen beweisen!), dass dieses Experiment - je nach Gründungskapital - schon nach wenigen Wochen bis Monaten vor dem Konkursrichter enden würde.
Die Vergleiche mit Sklaven sind völlig unangebracht, denn ein Sklave konnte seinen Dienstgeber nicht wechseln bzw. musste sich freikaufen. Jeder Zeitarbeiter kann an jedem Tag die Arbeit beim Arbeitskräfteüberlasser beenden und einer angenehmeren oder besser bezahlten Tätigkeit nachzugehen.