Hier ein kurzer Bericht von meinem Jump-seat-Flug auf einem A-320 nach Teneriffa-Süd.
Ich berichte einfach drauflos und unsortiert, zu viele Dinge schwirren noch bei mir im Kopf herum und ich bin froh mich noch an einiges zu erinnern. Für einige hier werden es sicher bekannte Dinge sein.
Der Jump-seat im Airbus liegt genau zwischen den beiden Piloten, man sitzt also unmittelbar im Geschehen und nicht etwa hinter einem der Pilotensitze. Im Cockpit ist man immer angeschnallt, Becken und Schultergurte bei Start und Landung, später nur noch Beckengurt. Das gilt auch für den Jump-Seat.
Die Flugzeit nach Teneriffa-Süd betrug 41/2 Stunden
Die Route:
EDDW727 BASUM2A BASUM UM170 KENUM UM615 IDOSA UN857 GIMER
UN857 SAU UN10 PPN UN857 BAN UN857 KORNO UN857 TERTO GCTS/08
Der Fluplan enthielt außerdem für jeden Waypoint zur Entscheidungshilfe die Windangaben für diverse FL und außerdem die Overflight Permission aller beteiligten Länder.
Es gab sehr viele DIRECTS wobei mich die schnelle Eingabe dieser in das FMGS beeindruckte: Waypoint anklicken, Taste DIRECT und schon flog der Flieger die neue Richtung, kein Scratchpad und Execute etc.
Der Captain hatte immer den „closest airport“ im Blickfeld und holte sich profilaktisch über ATIS auch schon dafür das Wetter. Im Notfall (Herzinfarkt eines Pax etc), so erklärte er mir, hat man dafür keine Zeit mehr. Die „closest“ werden im FMC ständig angezeigt. Auf dem Rückflug waren das z.B. über dem Atlantik Funchal und Porto Santo.
Die Landung in Teneriffa als number 4 erfolgte VISUAL wobei sowohl der AP als auch der Autothrust disengaged wurden, also kein Mischmasch wie es in einem anderen thread diskutiert wurde. Wenn manuell, dann konsequent, so das Vorgehen generell. Beim VISUAL wurde auf 2000 feet gesunken, der Captain ließ den FD rausnehmen und flog nach der Ablage des ILS. ( Localizer und Glideslope) Während des cruise stand der Autothrust auf climb.
1 Stunde Aufenthalt, der Captain hatte für alle (auch Cabin) leckere Nudeln von zu Hause mitgebracht und die wurden jetzt in der galley zubereitet. Verständlich, die ständig sich wiederholende Einheitspaxeverpflegung hängt allen schon zum Halse heraus.
Ich durfte beim outside-check dabei sein, mit entsprechender gelber Weste versteht sich.
Auf dem Rückflug war der FO Pilot flying. Obwohl mir bekannt, immer wieder beeindruckend die Philosophie von Airbus: Knöpfe gedrückt (push, weg von mir) – MANAGED MODE= the aircraft is doing the job, Knöpfe gezogen (pull, her zu mir)- SELECTED MODE= the pilot is doing the job. Der Managed Mode ist auf dem Display durch Striche ( ----) sofort erkennbar.
Für mich ein eindeutig ergonomischer Vorteil ist die fehlende Steuersäule, die Piloten haben Platz, können die Beine ausstrecken oder den Tisch zum essen herausziehen. Auf längeren Flügen eine ganz wesentliche Erleichterung wie mir beide Piloten bestätigten ,auch, dass mit dem Sidestick ganz hervorragend gesteuert werden kann.
Die Standortbestimmung der Maschine erfolgt mittels GPS und den 3 IRS-Systemen . Beide Systeme liefern die Daten an das FMGS wobei GPS immer Vorrang hat. Im Falle einer Störung des GPS werden die IRS Daten genommen. Da diese tw. unterschiedliche Ergebnisse liefern wird ein MIX IRS gebildet. Falls eine Störung in einem der 3 IRS vorliegt, darf eine evtl.Abschaltung nur MONITORED erfolgen, dh. beide Piloten müssen diese Maßnahme abstimmen und vollziehen. Dies besonders weil die Reihenfolge am Overhead-Panel 1-3-2 ist und es sehr leicht zu Irrtümern führen kann. Das MONITORED gilt u.a.auch für das Aktivieren der Fire-Patronen.
Interessant noch folgendes: Über Luxemburg, FL 380, wurde die Temperatur der äußeren wing-tanks etwas problematisch. Außen links waren –39° und außen rechts –40°. Laut Handbuch muß ab –41° dann entspr. tiefer geflogen werden, eine andere Möglichkeit wäre schnelleres Fliegen. Da es nur noch ca. 20 Minuten bis zum Descent waren und ohnehin demnächst die äußeren Tanks nach innen pepumpt würden, blieb das ganze unter Beobachtung, es blieb dann auch bei -40° Das automatische Öffnen der Klappen konnte man dann sehr schön auf dem Display sehen.
Vielleicht kann Karl hier noch einmal etwas generell zu dieser Systematik sagen,er hat mir schon einmal die Technik erklärt.
Landung in EDDW, ILS –approach wobei in den oberen Lagen ziemlich starke Winde vorherrschten, die von Captain ständig ausgerufen wurden. Bei der Landung waren es nur
noch 15 kts.
So ein Erlebnis wirkt schon sehr nachhaltig. Obwohl es für mich nicht der erste Jump-seat-Flug war, ca. 11 Stunden mit im Cockpit verbringen zu dürfen und nicht 1 Sekunde Langeweile gehabt zu haben, war schon wirklich einmalig. Das lag natürlich auch an der jungen und tollen Crew, beide übrigens bei Lufthansa ausgebildet (Bremen, Arizona etc)
Gruß
Rolf
Dieser Beitrag wurde bereits 2 mal editiert, zuletzt von »Rolf« (11. Januar 2008, 10:55)