Mehr Software für mehr Flugsicherheit
Ein EU-Projekt zur Erhöhung der Flugsicherheit sieht eine ganze Reihe technischer Lösungen vom Iris-Scan im Cockpit bis zum Lauschangriff in der Kabine vor, die zum Teil reichlich utopisch anmuten. Die Fluglinien sehen "exorbitante Kosten" auf sich zukommen. Rund 30 Unternehmen von Airbus über die Rüstungskonzerne BAE Systems und Thales bis hin zu Siemens sind an der 2004 ins Leben gerufenen EU-Initiative "Security of Aircraft in the Future European Environment" [SAFEE] beteiligt.
Alle Bemühungen zielen laut Projektkoordinator Daniel Gaultier darauf, dass Flugzeugattentate wie jene auf das World Trade Center in New York nie wieder vorkommen. Neben relativ schnell umsetzbaren Maßnahmen der analogen Art wie Panzerung der Cockpit-Türen und Beschränkungen bei Handgepäck und mitgebrachten Flüssigkeiten ist eine ganze Zahl von Software-basierten Lösungen in Arbeit.
Das niederländische Luftfahrtunternehmen NLR arbeitet zum Beispiel an einem biometrischen System, das nur Crew-Mitgliedern über Scans der Augeniris oder Abnahme der Fingerabdrücke Zugang zum Cockpit erlauben soll.
Digitaler Funk ...
Gegen Angriffe von "Hackern" auf die Flugzeugelektronik entwickelt die französische Firma Sagem Schutztechniken sowie digitale Funksysteme zur abhörsicheren Kommunikation zwischen Cockpit und Kontrollturm.
... statt analogem
Mit einem handelsüblichen Funkscanner und einer brauchbaren Antenne ist es auch für Laien ganz einfach möglich, zum Beispiel die Kommunikation aller anfliegenden Flugzeuge mit dem Tower Wien Schwechat mitzuhören.
Der zivile Flugfunk ist - primär aus Gründen der internationalen Kompatibilität - noch immer analog, die Modulationsart AM [Amplitudenmodulation] stammt gar noch aus der Zeit der guten alten Mittelwelle. Unter den Teilprojekten von SAFEE ist aber auch allerhand reichlich utopisch Anmutendes. Das Anti-Kollisionssystem des französischen Rüstungskonzerns Thales soll eine Katastrophe wie in New York verhindern. Wenn Terroristen die Gewalt über eine Maschine bekämen und ein Gebäude ansteuerten, würde das Flugzeug automatisch einen Ausweichkurs fliegen.
Anti-Kollisionssystem, analog
Das derzeit gebräuchliche, analoge Anti-Kollisionssystem TCAS [Traffic Alert/Collision Avoidance System] alarmiert die Piloten, wenn eine andere Maschine auf Kollisionskurs anfliegt. Das Ausweichmanöver wird hier manuell vollzogen, während das Thales-System die Piloten "overruled" - auch wenn niemand mehr im Cockpit ist, wird ausgewichen. Software und die Pkws
Wenn man rekapituliert, welche enormen Komplikationen die elektronische Aufrüstung herkömmlicher Pkws in den letzten paar Jahren mit sich gebracht hat, liegt der Schluss nahe, dass der Einsatz gerade dieses vollständig von Software gesteuerten Systems noch einige Zeit auf sich warten lassen wird.
Ferngesteuert geht nicht
Nur vollständig bodengeleitete Landesysteme sind Zukunftsmusik für Projektkoordinator Gaultier, der vorher für Sagem Defense Securite gearbeitet hat, die an dem 36 Millionen Euro schweren EU-Projekt beteiligt ist. In diesem Bereich gebe es "enorme Probleme der Reglementierung und Sicherung der Verbindung". Den Vogel im SAFEE-Projekt aber schießt die britische Waffenschmiede BAE Systems ab. Kameras und Mikrofone sollen quer durch die Kabine verdächtige Bewegungen und Konversationen automatisch erkennen. Das passiert in der Software, denn hier werken Spracherkennungs- und Bewegungsanalyse-Systeme, die die Ergebisse nach bestimmten Kriterien mit Punkten bewertet und zusammenzählt. Ist ein vorher eingestellter Wert überschritten, kommt ein Alarm.
Test ab Februar 2008
Die Mitschnitte sollen nach der Landung stets gelöscht werden, wird seitens der Leitung des SAFEE-Projekts beteuert. Die Frage bleibt allerdings, ob das zum Beipiel reisenden Managern, die in der Business-Class Besprechungen abhalten, auch als Absicherung genügt. Im Februar 2008 sollten alle SAFEE-Systeme erstmals im Zusammenspiel getestet werden, "um zu zeigen, dass das funktioniert", sagt der zuständige Koordinator der EU-Kommission, Marco Brusati. Danach wird das Projekt voraussichtlich um sieben Jahre verlängert.
"Exorbitante Kosten"
"Es wird keine Produkte auf dem Markt vor 2010 geben", sagt Brusati. "Das Gesamtpaket könnte um das Jahr 2015 in bereits in Dienst gestellten Flugzeugen verfügbar sein." Ob die Fluggesellschaften die laut Gaultier "exorbitanten" Kosten für die Nachrüstung ihrer Maschinen freiwillig übernehmen, steht auf einem anderen Blatt.
Quelle :
futurezone.orf.at