Feuchtere Luft, höherer Druck, größere Fenster: Auf dem ersten Langstreckenflug der Boeing 787 zwischen Tokio und Frankfurt sind die Eindrücke an Bord eher unspektakulär.
Ganz geheuer war dem Kapitän die Sache nicht, als er seine Boeing 787 zum ersten Mal über den Frankfurter Flughafen lenkte. Eigentlich war für die Maschine der All Nippon Airways (ANA) eine Position direkt am Gebäude vorgesehen, aber er wollte lieber auf dem Vorfeld parken, wo er nirgendwo anecken konnte. Ein Schlepper des Flughafens musste den teuren Jet anschließend zum Gate ziehen.
Es ist eben alles noch neu. ANA hat als erste Fluggesellschaft Ende vergangenen Jahres ihre ersten 787 bekommen, die Boeing lange als Wunder an Effizienz und Revolution im Passagierkomfort vermarktet hat. Wären nicht die vielen Pannen in der Produktion und im Verlauf der Testflüge passiert, dann hätte es diesen Flug schon vor vier Jahren gegeben. Aber so landete die 787 nach ihrem ersten Langstreckenflug eben an diesem grauen, kalten und nassen Januarmorgen in Frankfurt und verschwand nach ein paar Stunden wieder in Richtung Tokio.
Die ersten Eindrücke von der 787: Die Luftfeuchtigkeit an Bord ist deutlich höher, weil dies die Rumpfkonstruktion aus Faserverbundwerkstoffen zulässt. Auch der Kabinendruck ist höher, er entspricht etwa einer Höhe von 6000 Fuß (rund 2000 Meter). Die Maschine ist allerdings nur unwesentlich besser schallisoliert und damit in der Kabine nicht substantiell leiser als andere aktuelle Modelle. Die höhere Luftfeuchtigkeit und der höhere Luftdruck sollen dazu führen, dass man nach einem Langstreckenflug immerhin nicht völlig fertig an Ziel ankommt. Man wird sehen.
Der Selbstversuch zeigt: Auch wenn man in einem revolutionär neuen Flugzeug sitzt, gibt es Konstanten. Das Bordunterhaltungsprogramm funktioniert zunächst nicht und muss neu gestartet werden (es funktioniert auch auf den alten Flugzeugen fast nie einwandfrei), aus keiner der Steckdosen kommt Strom, sodass nach spätestens der Hälfte der Reise auch der letzte Laptop-Akku in den vorläufigen Winterschlaf fällt. Die sehr nette Flugbegleiterin sagt, im Cockpit gebe es noch Strom und man könne gerne den Laptop dort aufladen. Na dann.
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Boeing hat mit der aggressiven Werbung, die 787 werde die Revolution des Reisens auf Langstrecken bringen, die Erwartungen sehr hochgeschraubt. Das hat sich im Vorfeld der Markteinführung als verkaufsfördernd erwiesen. Die Realität sieht natürlich etwas anders aus. Klar, es ist schon ein bisschen leiser geworden innen. Aber nach sechs Stunden wünscht man sich doch auch, dass die Klimaanlage ein bisschen weniger pfeifen und das Kind zwei Reihen weiter hinten auch einmal schlafen würde. Airbus hat einmal einen Werbespot gedreht, in dem sich ein Passagier in Reihe zwei darüber beschwert, dass jemand in Reihe 40 schnarcht. Das sollte demonstrieren, wie leise doch die Maschine ist. Das war natürlich maßlos übertrieben.
Man fühlt sich besser
Wirklich gelungen sind die großen Fenster, die es tatsächlich auch den Passagieren auf den ungeliebten Mittelsitzen ermöglichen, sich die Wolken von oben anzuschauen, wenn ihnen danach ist. Es sei denn, ein unfreundlicher Nachbar betätigt die Taste, mit der sich die Fenster fast ganz verdunkeln lassen. In diesem Fall empfiehlt sich ein Besuch der Bord-Toiletten, auch die haben Fenster und sind sehr geräumig. Für das Spülen muss man nur die Hand vor einen Sensor halten, der Rest geht automatisch, inklusive Deckel-Zuklappen.
Ein Mitreisender bemerkt, er habe die Qualitäten des neuen Jets an der Konsistenz der Portion Reis feststellen können, die ihm als Teil des Mittagessens serviert worden war. Der Reis sei dank der größeren Luftfeuchtigkeit nicht so schnell ausgetrocknet. Und auch der Thunfisch sei saftig und lecker gewesen, obwohl das Kochen an Bord einigen Schwierigkeiten unterworfen ist, schließlich können die Speisen nur in geschlossenen Öfen erhitzt werden. Braten geht nicht.
Das Wohlbefinden der Passagiere soll auch dadurch gesteigert werden, dass über das variable, bunte Licht in der Kabine bestimmte Stimmungen erzeugt werden. Wenn die Sonne langsam untergeht, könnte man das mit einem hell- bis dunkelblauen Ton begleiten, damit die Passagiere langsam wegdämmern. Die althergebrachte, seit Jahrzehnten weltweit praktizierte Methode wäre in diesem Fall, nach dem Abendessen die Heizung ordentlich hochzudrehen.
Umgekehrt könnte die Crew bei Sonnenaufgang die Kabine in rötliches Licht tauchen und somit das langsame, und natürlich meist völlig verfrühte Aufwachen sanft unterstützen. Bei All Nippon hält man aber von solchen Feinheiten offenbar nichts: Wie gehabt geht morgens das grelle weiße Licht in der Kabine an.
ANA setzt die 787 seit einigen Wochen auf innerjapanischen Strecken ein, doch nun hat sie erstmals auch eine Langstreckenversion im Einsatz. Nur gut 150 Passagiere haben Platz, weil die komfortablen Fauteuils in der Business Class so viel Platz wegnehmen. Bald soll die 787 täglich von Tokio nach Frankfurt fliegen.
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Übrigens: Nach den elf Stunden Flug fühlt man sich wirklich ein bisschen besser als sonst.
Quelle: Süddeutsche.de