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mike november

Uhrenladen Flieger

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1

Mittwoch, 8. Mai 2013, 13:41

Derated TakeOff Thrust

Moin zusammen,

im Zusammenhang mit dem Baghram Crash lässt mich ein Gedanke nicht mehr los, welcher wohl nicht ursächlich mit dem Unfall zusammen hängt, aber dennoch...

Wo kommt eigentlich diese Unsitte des "Derated Take Off Thrust" her?

Hier wird in meinen Augen eine Sicherheitsmarge für relativ kleine Vorteile aufgegeben. Max Power Take Off bedeutet doch:

V1 kommt näher an die VR, liegt ggf. sogar hinter der VR, weil durch die schnellere Beschleunigung weniger RWY benötigt wird;
V2 wird schneller erreicht;
Es kann schneller auf eine sichere Höhe gestiegen werden;
Durch die mögliche höhere Anfangssteigrate wird die Lärmbelastung der Anwohner zwar im Level etwas höher, von der Zeitdauer aber gekürzt.

Das alle gebe ich auf um etwas weniger Wear/Tear auf den Triebwerken zu haben und etwas weniger Sprit zu verbrauchen.
Ich kann der Idee nicht wirklich Vorteile abgewinnen, aber ich bin ja auch kein Kaufmann.

Runway behind, Altitude above and Fuel burnt... nothing is more useless.
der Lars

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ferrari2k

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2

Mittwoch, 8. Mai 2013, 14:29

Naja, bei den Prozentwerten, die da Treibstoff eingespart werden kann, kann ich mir durchaus vorstellen, dass jeder Flug, den eine Inspektion nach hinten geschoben werden kann, richtig Geld bringt. Je weniger Inspektionen eines Triebwerks du machen musst, desto weniger Geld gibst du aus.
Du musst ja auch bedenken, wenn du die Hebel komplett auf den Tisch legst, dass du die Triebwerke maximal belastest. Etwas, was maximal belastet wird, geht schneller kaputt.
Hört man z.B. auch in der Formel 1, dass die Fahrer ab 15 Runden vor Schluss bei 500 U/min früher schalten, wenn die Rennsituation das zulässt, damit der Motor nicht so stark belastet wird.
Soweit mal meine absolute Laienmeinung ;)

Dieser Beitrag wurde bereits 1 mal editiert, zuletzt von »ferrari2k« (8. Mai 2013, 14:30)


3

Mittwoch, 8. Mai 2013, 16:42

Wo kommt eigentlich diese Unsitte des "Derated Take Off Thrust" her?

Hier wird in meinen Augen eine Sicherheitsmarge für relativ kleine Vorteile aufgegeben. Max Power Take Off bedeutet doch:

V1 kommt näher an die VR, liegt ggf. sogar hinter der VR, weil durch die schnellere Beschleunigung weniger RWY benötigt wird;
V2 wird schneller erreicht;
Es kann schneller auf eine sichere Höhe gestiegen werden;



Das derated take off, wird schon mindestens seit zwanzig Jahren durchgeführt und ist ein sicheres Verfahren, solange die handelnden Personen keine Fehler bei der Berechnung machen. Sollte beim take off roll festgestellt werden, dass mehr Schub benötigt wird, kann der Pilot jederzeit in max take off gehen. Dafür gibt ist bei Boeing die Throttle hold function und bei Airbus ist die max T/O Raste keine Auto Thrust function.

Bei D-T/O spielt V1, VR, V2 eigentlich nur die Rolle, dass sie angepasst an die jeweilige Rwy, etwas später erreicht wird. Als Beispiel: für eine bestimmte Rwy benötigt eine 737 bei ihrem momentanen Gewicht eine V1 von 145 kts/ias Vr liegt bei 152 und die V2 160 kts/Ias . Diese Speeds muß sie erreichen, ob nun mit max T/O oder DT/O. Der einzige Unterschied liegt an dem zurückgelegten Weg auf der Startbahn. Bei D-T/O wird der etwas länger sein.

Darum gibt es für jede Rwy, von dem eine Airline startet, entweder eine Tabelle oder ein hinterlegtes Rechenprogramm in einem Computer, welches die D-T/O für einen bestimmten Flieger berechnet. Dazu benötigt man unter anderem das MTW, die OAT, die QNH. An Hand dieser Eingaben, erhält man je nach Triebwerkshersteller, eine N1 oder EPR. Da der FMC bzw FMGC damit nicht rechnen kann, ergibt das eine bestimmte OAT.

Beispiel: Am Platz XY sind es 20 Grad OAT, was eine max T/O auf der Rwy 27 von 100% N1 ergeben würde. Nun ist die Rwy 27 sehr lang und nach den Berechnungen erhält man eine OAT von 50 Grad. Die 50 Grad werden in den FMC eingeben und dieser errechnet für einen vollkommenen sicheren Start eine N1 von 95%.

Warum das ganze? Nun es soll Geld sparen. Zum einen wird weniger Kerosin verbrannt, aber was viel wichtiger ist, die Triebwerke haben mittlerweile dadurch eine lange "Standzeit" an der Tragfläche. Dazu kommt ein Triebwerk darf maximal 5 Minuten mit max T/O Drehzahl laufen. Wird es länger damit betrieben muss es abgehängt werden und in den Shop. Darum tritt bei 1500 feet und A/T on, (ist in der heutigen Zeit normal) eine thrust reduction ein, die meistens im Bereich der D-T/O liegt.

Mir persönlich ist kein Unfall bekannt, der durch D-T/O verursacht wurde, denn wenn es eng wird, weil etwas falsch berechnet wurde, kann jederzeit auf max T/O gegangen werden.

Viele Grüße

ferrari2k

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4

Mittwoch, 8. Mai 2013, 17:36

Hi, danke schonmal für die Erklärungen, ich hab aber nochmal eine Frage: wo, wie ich mir die Funktion von V1 vorstelle (Flugzeug kann vor V1 noch vor Runwayende zum Stehen gebracht werden), müsste V1 dann nicht Runwayabhängig sein? Wie genau werden eigentlich die Startgeschwindigkeiten von Hand berechnet?
Könntest du sowas mal an Hand eines Beispielfliegers darlegen, welche Tabellen du wie verknotest, um dann am Ende auf die Geschwindigkeiten zu kommen?
Wäre super sowas :)

5

Mittwoch, 8. Mai 2013, 17:45

wo, wie ich mir die Funktion von V1 vorstelle (Flugzeug kann vor V1 noch vor Runwayende zum Stehen gebracht werden), müsste V1 dann nicht Runwayabhängig sein?


Richtig, einmal von der Länge der rwy, dem Zustand, also trocken oder nass und der Masse des Flugzeuges.

Könntest du sowas mal an Hand eines Beispielfliegers darlegen, welche Tabellen du wie verknotest, um dann am Ende auf die Geschwindigkeiten zu kommen?


Das wird schwierig, da bei den Airlines die ich kenne nur noch mit Computer berechnet wird, dem Paper less Cockpit sei dank. ;)

Viele Grüße

mike november

Uhrenladen Flieger

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6

Mittwoch, 8. Mai 2013, 18:31

Karl, die Theorie die dahinter steckt ist mir durchaus bekannt, aber auch nach Deiner Erklärung sehe ich nicht eines meiner Bedenken wiederlegt. Natürlich ist das Verfahren sicher, dass ist ja auch gar nicht die Frage, die Frage ist halt, ob man es sich wirklich leisten sollte auf die mögliche Extrasicherheit bei einem Max-Power Take Off zu verzichten. Wie Du selber schreibst werden alle V-Geschwindigkeiten früher erreicht und das ist, meiner Meinung nach, ein deutliches Sicherheitsplus.
Klar, es ist noch nie was passiert, aber die Tatsache, dass noch kein deutscher SeaKing vom Himmel gefallen ist ist ja auch nicht wirklich ein Pro-Argument für den Betrieb von mehr als 40 Jahre alten Luftfahrzeugen bei Streitkräften....
der Lars

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7

Mittwoch, 8. Mai 2013, 19:24

Die praktische Variante ist, daß man sich einen Take-Off auf die sogenannte Balanced Field Length hinrechnet. Ergo man schaut daß TORA = ASDA ist. Was heisst das im Klartext? TORA = Take-Off Run Available. Sprich wieviel Piste habe ich, auf der mein Flieger rollen kann. ASDA = Accelerate Stop Distance, die Distanz die ein Flieger braucht um auf V1 zu beschleunigen und dann wieder zum stehen zu kommen. Die Safety Margins sind hier bereits in den Manuals der Flieger bzw in den Operation Manuals der Betreiber eingetragen um so Dinge wie etwas Reaktionszeit usw zu berücksichtigen. Wenn ich also eine sehr lange Piste habe und meine V1 erst später erreiche, was ist da verhaut? Gar nix, ich hab nur weniger Sprit verbraucht, weniger Lärm gemacht. Das Zeitfenster zwischen V1 und V2 ist in der Regel sehr kurz. Es gibt auch regulatorisch ein paar Begrenzungen, wie weit V1 und V2 voneinander entfernt sein dürfen bzw welche Geschwindigkeit welche nicht über- oder unterschreiten darf. Wäre ja auch blöd wenn ich zb eine V2 annehme die unter meiner V1 ist. Wäre zwar technisch möglich indem ich meine V1 absichtlich höher wähle, aber praktikabel wäre es nicht, weil ich dadurch eine längere Startstrecke bräuchte und mich womöglich auch durch das Gewicht mehr einschränke als notwendig.

Man darf nicht vergessen - ich muss meine VR immer so wählen, daß ich meine V2 spätestens bei 35ft AGL erreiche. Wie lang das von der Zeit her dauern darf ist nicht beschränkt.

Die Airbus Safety Library sagt hierzu zb:

Zitat

V2 is the minimum speed that needs to be maintained up to acceleration altitude, in the
event of an engine failure after V1. Flight at V2 ensures that the minimum required
climb gradient is achieved, and that the aircraft is controllable. V2 speed is always
greater than VMCA, and facilitates control of the aircraft in flight.


Sprich ich zieh bei VR den Flieger auf einen definierten Pitch, lass ihn abheben und dann wenn ich weit genug vom Boden weg bin, dann zieh ich ihn auf den zweiten Pitchwert (meist 15 Grad Nose Up) oder wenn ich mehr Leistung habe einfach auf die Attitude die ich brauche um die Speed V2 (in der Praxis eher V2+10kt) zu halten.

Die Anatomie eines Takeoffs ist ziemlich kompliziert und es spielen da noch ein Haufen andere Variablen mit (TODA, Minimum Climb Gradient, Massen, Minimum Control Speeds in den Geschmacksrichtungen Air und Ground, Thrust, Flap Setting, Temperatur, QNH und noch ein paar mehr), von daher kann man das schlecht erklären warum da nix schlimmes dran ist wenn man sich im Diskurs nur auf die drei bekanntesten V-Speeds beschränkt.

Was die Lärmbelastung betrifft, ob kürzer dafür lauter oder etwas länger dafür leiser besser ist, darüber kann man streiten. Tatsache ist, daß der Lärmpegel in Dezibel eine Beschränkung ist, aber es gibt keine Limits für Schall-Energie (also zB dB Schalldruck über x Sekunden), von daher richtet man sich nur nach den Gesetzen. Aber das wär die einzige objektive Sache mit der man das quantifizieren könnte.

:bier:
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8

Mittwoch, 8. Mai 2013, 19:39

Hierzu sei TOPCAT empfohlen!
Kein Flug bei mir, bei dem ich das nicht benutze. Kann man schön sehen, wie die NGX die die jeweilige Runway ausnutzt.
Günter

endlich Berliner! :lol:
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9

Mittwoch, 8. Mai 2013, 20:19

In dem Buch 737NGX sind sehr gute Tabellen hinterlegt um dem FMC entsprechende Werte zum Derating zu geben. Seitdem ich diese nutze sieht der Start richtig gut aus. Sonst war ich schon immer nach seehr kurzer Zeit in der Luft... 8)
Gruss McFly


mike november

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10

Mittwoch, 8. Mai 2013, 20:24

Ich glaube es ist mir nicht gelungen deutlich zu machen, worauf ich hinaus will. Wie ein Take Off funktioniert ist mir durchaus bewusst, was mein Anliegen angeht, so lassen wir das glaub ich besser bleiben. Schade.
der Lars

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11

Mittwoch, 8. Mai 2013, 20:53

Dann verstehen wir (ich) vielleicht Dein Anliegen nicht :hm:

Sicherheit ist gegeben lt. Statistik.

Das Flugzeug hebt bei gleicher Geschwindigkeit ab, nur nutzt die komplette (je nachdem) Startbahn um die Engines zu schonen, Sprit zu sparen ...

Wäre doch irgendwie äquvalent dazu, ob Du bei 50 km/h in der Stadt von jeder Ampel mit Vollgas und rauchenden Reifen losprescht oder eben normal, gesittet Gas gibst?


Wie meinst Du denn Deine Frage dann?
Günter

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mike november

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12

Mittwoch, 8. Mai 2013, 21:11

Ne Günter, eben nicht das Gleiche, denn, wenn mir nach dem Anfahren mit Vollgas der Motor ausgeht steh ich nur blöd auf der Strasse rum.

Ich hab mir meinen Eingangspost jetzt mehrfach durchgelesen und finde ihn eigentlich eindeutig, habe aber auf diesen noch keine Antwort erhalten.

Es ist mir vollkommen klar, dass die zugelassenen Verfahren zum Start mit gedrosselter Triebwerksleistung "sicher" sind. Sonst wären diese ja nicht zugelassen. Worum es mir geht ist darum, dass man hier zusätzliche Sicherheitsmargen aufgibt. Bei einem Start mit gedrosselter Triebwerksleistung bin ich eben ggf. nach 3/4 der Bahn in der Luft und nicht schon nach der Hälfte. Das bedeutet aber auch das ich ggf. den Bock eben nicht einfach wieder auf die Bahn rotzen kann wenn mir beim Rotieren beide Kannen ausgehen, weil, V1 war ja schon lange. Ich bin dann halt auch überm Zaun erst in 500ft und nicht in 800 wo ich schon sein könnte, mit der entsprechend höheren Lärmbelastung und dem Entsprechend kürzeren Gleitflug wenn was schief geht...

Es geht mir nicht darum das ich das Verfahren per se für Unsicher halte, sondern das ich der Meinung bin, das man man hier ein nicht unwesentliches mehr an Sicherheit für einen relativ geringen wirtschaftlichen Nutzen aufgibt. es gibt Runways, auf denen ein Tornado, gerade wenn er clean ist und wenig Suppe dabei hat, auch ohne AB starten könnte, aber dürfen darf er das nicht.
der Lars

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13

Mittwoch, 8. Mai 2013, 22:30

es gibt Runways, auf denen ein Tornado, gerade wenn er clean ist und wenig Suppe dabei hat, auch ohne AB starten könnte, aber dürfen darf er das nicht.


Naja, hier dürfen wir nicht Äpfel mit Birnen vergleichen. Ein Airbus oder vgl. Triebwerk ist nicht mit einem Jet Triebwerk zu vergleichen.
Vor allem wenn es um Ausfälle und Startabbrüche auf die Starts hochgerechnet geht.
Weiterhin ist gerade das Thema Trending, Leistungsreduzierung (und auch Steigerung) etc. sowie Lebensdauer ein großes Thema beim Tornado.

Wir verstehen schon was du meinst. Man könnte auch umgedreht eine Rechnung aufmachen:
Wie ändert sich die Wahrscheinlichkeit eines Ausfalls des Triebwerks beim Start oder während des Fluges wenn es immer mit 99% startet. Ich denke der Trend wird da schnell in die andere Richtung ausschlagen.
Gruss McFly


ferrari2k

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14

Donnerstag, 9. Mai 2013, 00:18

OK, trotzdem vielen Dank für die Beantwortung der Fragen :)

15

Donnerstag, 9. Mai 2013, 10:04

Ne Günter, eben nicht das Gleiche, denn, wenn mir nach dem Anfahren mit Vollgas der Motor ausgeht steh ich nur blöd auf der Strasse rum.

Ich hab mir meinen Eingangspost jetzt mehrfach durchgelesen und finde ihn eigentlich eindeutig, habe aber auf diesen noch keine Antwort erhalten.

Es ist mir vollkommen klar, dass die zugelassenen Verfahren zum Start mit gedrosselter Triebwerksleistung "sicher" sind. Sonst wären diese ja nicht zugelassen. Worum es mir geht ist darum, dass man hier zusätzliche Sicherheitsmargen aufgibt. Bei einem Start mit gedrosselter Triebwerksleistung bin ich eben ggf. nach 3/4 der Bahn in der Luft und nicht schon nach der Hälfte. Das bedeutet aber auch das ich ggf. den Bock eben nicht einfach wieder auf die Bahn rotzen kann wenn mir beim Rotieren beide Kannen ausgehen, weil, V1 war ja schon lange. Ich bin dann halt auch überm Zaun erst in 500ft und nicht in 800 wo ich schon sein könnte, mit der entsprechend höheren Lärmbelastung und dem Entsprechend kürzeren Gleitflug wenn was schief geht...

Es geht mir nicht darum das ich das Verfahren per se für Unsicher halte, sondern das ich der Meinung bin, das man man hier ein nicht unwesentliches mehr an Sicherheit für einen relativ geringen wirtschaftlichen Nutzen aufgibt. es gibt Runways, auf denen ein Tornado, gerade wenn er clean ist und wenig Suppe dabei hat, auch ohne AB starten könnte, aber dürfen darf er das nicht.


Wenn sich das Bugrad mal gehoben hat, dann wird vom Procedure her kein Relanding mehr gemacht. Basta. Erstens sagt Regulation daß V1 nicht größer als VR sein darf, sprich wenn irgendwas vom Boden abhebt bist Du bereits über V1 und damit wird nicht mehr gelandet oder gebremst (hier Alternativen einzubauen wäre vom Human Factors Standpunkt her unklug, da man Leuten korrekte Entscheidungen innerhalb von Sekundenbruchteilen in extremen Stresssituationen abverlangen würde) und zudem gibts dann noch bei Landungen die Regulation von wegen Landing Distance Required darf maximal 60% der Landing Distance Available betragen (70% bei Turboprops). D.h. man müsste bei so einer Relanding nach Procedure mal erstens die verbleibende LDA wissen (was praktisch kaum möglich ist), müsste anhand eines Radar Altimeters dann die Performance Berechnung machen etc. Auf einer Runway die also nicht eine surreale Länge wie zb 10km hat würde ich das nicht mal probieren. Es gibt keine V1 die höher als VR ist. Regulation sagt hier eindeutig daß V1 kleiner oder gleich VR sein MUSS! Und genau hier liegt der Hund in Deiner Logik begraben.

Da Du Dich ja auch auf den Vorfall mit der National Air Cargo 747 beziehst, hier weiß man noch nicht was dazu geführt hat daß die so runterkam. Falls der relativ offensichtliche Stall zb. durch CG Shifts wegen schlecht gesicherter Fracht passiert sein sollte, dann würdest Du durch einen steileren Abflug sogar die Wahrscheinlichkeit erhöhen, daß sich hier ein Container verschiebt. Selbst wenn man dabei vielleicht ein paar hundert Fuß höher gewesen wäre zum Zeitpunkt des Vorfalls, hätte es kaum einen Unterschied gemacht. Einen kompletten Stall eines derartigen Dickblechs zu recovern kostet einige Tausend Fuß Höhe, da machen ein paar hundert auf oder ab das Kraut nicht fett wenn man noch dermaßen nah am Boden ist, man verschiebt lediglich den Point of Impact um ein paar hundert Meter wenn überhaupt. :(

Es gibt so viele Möglichkeiten für Ursachen. Falsch beladener Flieger, gelöster Cargo Container, falsche CG Berechnung und daraus resultierender falscher Trim Wert beim T/O, Electrical Trim Runaway der nicht gelöst werden konnte, technisches Gebrechen in den Flight Controls, zig Fehler die die Rudergänger gemacht haben könnten etc. Für die allermeisten davon wäre ein T/O mit voller G/A Power kein Heilmittel gewesen.

Und Dein Beispiel mit dem Fighter zeigt eigentlich sehr schön, daß man nicht immer die maximale Leistung braucht. Deiner Logik nach müsste also ein unbeladener Fighter der ein Thrust/Weight Verhältnis >1 für einen Ferry Flug oder sowas ja sofort mit maximalem Schub die Nase auf 90° Pitch ziehen und wenn technisch möglich so auf seine Reiseflughöhe steigen. Macht das Sinn? Weil alles andere wäre ja verschenkte Safety Margin ;)

Da die Ausfallswahrscheinlichkeit eines Systems nicht unerheblich mit seiner Last steigt, kann man davon ausgehen, daß auch wenn die kritischen Zeitfenster mit mehr Leistung kürzer werden, die Ausfallswahrscheinlichkeit dadurch nicht unbedingt niedriger wird. Keine Ahnung ob es hierzu eine Statistik gibt, aber ich denke die Logik mit möglichst viel Power in möglichst kurzer Zeit möglichst hoch und steil zu steigen wird einer kritschen Betrachtung nicht das Mehr an Sicherheit liefern daß man sich auf den ersten Blick womöglich davon erhoffen würde.
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16

Donnerstag, 9. Mai 2013, 11:07

Es geht mir nicht darum das ich das Verfahren per se für Unsicher halte, sondern das ich der Meinung bin, das man man hier ein nicht unwesentliches mehr an Sicherheit für einen relativ geringen wirtschaftlichen Nutzen aufgibt.


:opi: Nun muß ich doch etwas tiefer einsteigen, denn für die vermeintlich mehr Sicherheit entstehen recht derbe Kosten, ganz abgesehen von der Mehrbelastung der Umwelt. :sagnix:
Warum vermeintliche "mehr" Sicherheit? Untersuchungen von Triebwerken, die beim Take off an ihrer Belastungsgrenze laufen, haben gezeigt das diese in der Phase zu einer höheren Ausfallrate neigen. :shocked: Dazu kommt, das diese Triebwerke bis zu 70% öfter zum Overhoul müssen. Grund hohe mechanische und thermische Beanspruchung. (Berechnungen von MTU und Triebwerksherstellern)

Nun kommen wir mal zu den (mehr)Kosten die entstehen, wenn man ständig mit max T/O Power startet. ;) Dazu nehme ich das meist verbaute Triebwerk CFM56 (737 Baureihe sowie A320 Baureihe)

Nehmen wir eine Airline die 100 dieser Flugzeuge betreibt. Sie starten am Tag 4 mal ( ich kenne so manche deutsche Airline, die auf wesentlich mehr Starts pro Tag kommen.)
Berechnet auf Standard Tag (15 Grad C 1013 Mba Amsterdamer Pegel) Entnommen aus der Tabelle des CFM56-7
Max take off 104% N1 = FF 5400 kg/h
Derated für eine normale rwy von 3000 Meter auf 95% N1 =FF 4500 Kg/h
5400 - 4500 = 900 Kg/h eingespart.
Maximal erlaubte Zeitspanne für max take off = 5 Minuten.
Bedeutet, in 5 Minuten verbrennt ein Triebwerk 75kg Kerosin mehr als wenn es derated wird.
Bei zwei Treibwerken pro Flugzeug ergibt das 150 kg in 5 Minuten

150 kg sind 187 Liter bei einer Dichte von 0,80. Der Liter Kerosin kostet im Einkauf einer Airline im Schnitt 0,80€ . Ergibt 149 € das viermal am Tag, da sind wir schon bei 598€. Bei 364 Tagen im Jahr ergibt das 217.000€ pro Flieger. Hochgerechnet auf ein Flotte von 100 Flugzeugen die stolze Summe von 21 Millionen €. Nun wird man das Treibwerk max. 2 Minuten in der Drehzahl betreiben, da ja bei ca. 1500 feet die Leistung zurück genommen wird. Sind dann aber immerhin noch rund 10 Millionen €
Das bei einem recht kleinen Treibwerk. Jetzt stelle man sich das für große Triebwerke vor wie CF6 usw. :punk:

Sollte ich irgendwo einen Rechenfehler begangen haben bitte ich um Berichtigung. ;)

Kommen wir zu den Kosten der Treibwerksüberholung. Diese liegen zwischen 250.000€ und 500.000€ pro Triebwerk. On Wing ca. 30.000 Flugstunden, bei schonendem Umgang, also D-T/O. :yes: Laut Hersteller 70% höherer Verschleiß, wird ständig mit max T/O geflogen. Bei 3000 blog Stunden / Jahr ergibt das 10 Jahre. Da das Triebwerk aber keine 10 Jahre an der Wing bleiben kann, bei der Belastung, muß es ca. einmal mehr in die Werkstatt. ;(

Bei 200 Triebwerken mal 250.000€ ergibt das auf 10 Jahre gerechnet 50 Millionen. Ergo pro Jahr 5 Millionen zusätzliche Kosten.

Unter dem Strich kommt man allein nur durch D-T/O auf eine Ersparnis von ca. 15 Millionen €. dabei sind noch nicht die Kosten für Ersatztriebwerke eingerechnet, die bevorratet werden müssen.
Würde man das auf die Weltweite Flotte hochrechnen ergibt das Milliarden. :shocked:

Das an einen vermeintlichen mehr an Sicherheit, die man nicht benötigt, da das Verfahren des D-T/O bis heute, nachweislich allein zu keinem Unfall geführt hat.
Da gibt es für mich ganz andere Dinge, wo man aus Gründen des Kommerz, auf das mehr an Sicherheit verzichtet hat.
:opi:
Denke da an Etops, also mit zwei Triebwerken 180 Minuten vom nächsten Airport entfernt. Muß ein tolles Gefühl sein, mit einem verbleibenden Triebwerk über dem Pazifik zu hängen und zu wissen, das alles Überleben an einem Engine hängt.

Oder das Fliegen im "coffin corner" um Sprit zu sparen.

Oder 787 nicht die Ursache der Batteriebrände zu beseitigen, sondern die Auswirkungen. :rolleyes:

Es gibt noch sehr viele oder, wo auf zusätzliche Sicherheit verzichtet wird. Willkommen in der Welt des Kapitals. :pfeif:

:ironie: Aber verzichten wir nicht auch auf zusätzliche Sicherheit? Ich trage zum Beispiel nur einen Gürtel. ;) Könnte aber zusätzlich Hosenträger anlegen, dann hätte ich zusätzliche Sicherheit, aber meine Erfahrung hat gezeigt, der Gürtel hält die Hose da wo sie sein soll. :gringo:

Ich wünsche euch allen einen schönen Vatertag

mike november

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17

Donnerstag, 9. Mai 2013, 14:07

Danke Euch dreien, vor allem Martin und Volker haben es geschafft mich auf die "dunkle" Seite zu ziehen. Ich kann Euren Argumenten voll folgen (auch wenn ich nicht behauptet habe, dass der Crash in Baghram mit D-TO zu tun hatte). Karl, Du hast eine schöne Fleissarbeit gebracht, aber, das Kostenargument ist für mich in Sachen Flugsicherheit immer eines, das "FÜR MICH" eigentlich nie funktioniert. ;)
der Lars

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Donnerstag, 9. Mai 2013, 16:17

Come to the Dark Side, we have Money... :weg:
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19

Donnerstag, 9. Mai 2013, 16:20

Wait a minute, I was told you have cookies on the dark side... :nein:
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20

Donnerstag, 9. Mai 2013, 16:21

Money buys cookies... :P
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21

Donnerstag, 9. Mai 2013, 16:29

Money buys cookies... :P

:lol2: :thumb:
Viele Grüße



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22

Mittwoch, 25. September 2013, 14:19

wo, wie ich mir die Funktion von V1 vorstelle (Flugzeug kann vor V1 noch vor Runwayende zum Stehen gebracht werden), müsste V1 dann nicht Runwayabhängig sein?


Richtig, einmal von der Länge der rwy, dem Zustand, also trocken oder nass und der Masse des Flugzeuges.

Könntest du sowas mal an Hand eines Beispielfliegers darlegen, welche Tabellen du wie verknotest, um dann am Ende auf die Geschwindigkeiten zu kommen?


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Viele Grüße

Hi, danke nochmal für die Erläuterungen damals, aber kann das sein, dass das dann hier tierisch schiefgegangen ist? ;)

http://avherald.com/h?article=468f08ce&opt=0

23

Mittwoch, 25. September 2013, 20:13

Huu, Volker, das ist reine Spekulation, sich dazu zu äußern.

Laut avherald kurz vor V1, was ist kurz? Da geht es schon mal los. (at high speed just below V1)
Dazu der Hinweis auf die Reifen, welche die Luft abgelassen haben.

Da könnte man jetzt spekulieren, in wie weit überhaupt Schubumkehr benutzt wurde.
Grundsätzlich wird ja ein Triebwerksproblem eines Triebwerkes beschrieben. Da kann ich mir vorstellen, dass nur 2 Triebwerke für die Schubumkehr genutzt wurden, besonders, wenn das betroffene Triebwerk außen war. Das gibt dann ein schönes Drehmoment auf die entsprechende Achse und der Jumbo will unweigerlich ausbrechen.
Zudem erinnern wir uns, in wie weit die Schubumkehr sich auf das Bremsen wirklich auswirkt und die Einschränkungen des Einsatzes in Bezug auf die Geschwindigkeiten.
Könnte mir vorstellen, dass hier die normale Bremse richtig heftig benutzt wurde.

Dann die Frage nach der Pistenlänge (vermutlich 3tausend3hundertundeinpaarzerquetsche Meter) und die Frage, wo der Startlauf begonnen wurde.
Das aktuelle Takeoffweight ist auch unbekannt, somit sind die Performancedaten auch nicht zu bekommen und auf Grund der Unbekannten namens Wetter (also Wind, Richtung, Temperaturen, Luftdruck) nicht mal zu erahnen.

Du siehst: könnte und kann.... alles Vermutungen und Spekulationen.
Dazu die Beiträge bei avherald über V1... Interessant ist da zum Beispiel mal der Beitrag, dass kurz vor V1 eine Sekunde mal eben 70 Meter Strecke sind. Jetzt erinnern wir uns mal an die Fahrschule und die Begriffe Bremsweg, Anhalteweg und Reaktionszeit.

Schwierig, da eine Aussage zu machen, dass ist glaskugellesen pur!



Gruß

Thorsten