Nachdem ja mein altes Pit schon sehr stattlich war und der Basteltrieb sich wieder meldete, war es an der Zeit eins draufzusetzen. Das Nachfolgemodell des gleichen Herstellers war mir ins Auge gesprungen. Nun, das Obutto R3volution ist im wesentlichen ein ähnliches Konzept. Es ist nur alles extremer. Es ist beinahe doppelt so schwer, etwas grösser, verbietet zig Verstellmöglichkeiten mehr als sein kleiner Bruder und kostet auch in etwa das doppelte.
Man braucht doch etwas Platz für das Ding, die Herstellerangaben sollte man aber zumindest in Länge und Breite mit etwas Interpretationsspielraum betrachten, da die Gesamtlänge davon abhängt auf welcher Höhe man den Monitorhalter aufstellt, wie weit man die Lehne zurückklappt und die Gesamtbreite wird von Größe und eingestelltem Winkel der verwendeten Monitore bestimmt (zumindest wenn man die 3-Screen Variante nutzt).
Die Bauanleitung für das Pit findet man
hier, und dann wären da noch die zusätzlichen Anleitungen für die optionalen Module, nämlich die
schwenkbaren Acryltische und die zusätzlichen
Triple Monitor Mounts. Dem Flight Stick Mount liegt keine Anleitung bei, aber man muss sich schon dezent blöd anstellen um mit 2 Schrauben überfordert zu sein, von daher kann ich den Hersteller verstehen. Um den Usern die ungern Anleitungen lesen den Zusammenbau etwas zu erleichtern hat der Schöpfer des Pits, Chris Dunagan, höchstpersönlich englischsprachige Videoanleitungen dazu gemacht.
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Also selbst ans Werk!
Als mein altes Pit ein neues Zuhause in Niederösterreich gefunden hat, war nun wieder Platz in der etwas trostlosen Computerecke. Zumindest bis die Pakete kamen. Es waren 5 an der Zahl, alle zusammen in etwa 90kg schwer. Der geöffneten Hauptschachtel entspringen zahlreiche Stahlteile in Schutzfolie und 13 weitere Unterverpackungen. Mühsam, aber für den Transport leider notwendig. Nach rund 1 1/2 Stunden Folien entfernen und Stahlteile mit MDL putzen war die Ecke ein Meer aus Einzelteilen. Wer schon bei einem Ikea Regal an seine handwerklichen Grenzen stösst sollte sich gut überlegen ob er sich den Zusammenbau antun will. Entgegen der Anweisungen des Herstellers habe ich nämlich auch gleich mal die 13 Unterverpackungen geöffnet - es ist nach Baugruppen verpackt worden. Ich wollte aber einen Überblick über die schiere Menge an Teilen liefern, daher rein ins Chaos.
Teil 1 - der Aufbau (oder auch "Gehört das da hin?")
Ein erster provisorischer Zusammenbau lässt dann schon die Vorfreude ganz erheblich steigem. Das erste Probesitzen macht ordentlich Laune.
Da die seitlichen Arme für die kleinen Tische leider zu wenig Bodenfreiheit für mein Gehäuse gelassen haben, musste ich selbst aktiv werden und habe mir einen zweiteiligen Stellstockel für das ganze Cockpit konstruiert und gebaut. Hier sieht man wie es darunter aussieht. 60x100mm Konstruktionsvollholzbalken, eine Menge Winkel und Spaxschrauben. Die Steher sind zweckentfremdete 40mm Türstopper aus relativ weichem Gummi - somit können sich auch keine Vibrationen auf den Boden übertragen, zerkratzen kann der Boden auch nicht und man hat durch den Sockel noch ein paar zusätzliche Möglichkeiten mehr, dazu allerdings später. Dieser Sockel ist übrigens der Grund dafür, weswegen ich die Reihenfolge der Anleitung und des Videos nicht eingehalten habe - ich brauchte zuerst genau das Setup das ich haben will um die Maße zu nehmen. Von daher gestaltete sich mein Zusammenbau sicher aufwendiger als jener mit weniger Sonderwünschen als ich.
Hinterer Sockel bezogen aber noch ohne Kantenabschlüsse:
Die leidigen Kanten erledigt (weiche Aluschienen mit einer Gehrungssäge bearbeiten ist unlustig weil das Material an sich recht weich ist):
Man stellt das ganze mal zusammen. Sieht ganz anständig aus. Allerdings ist der Aufbau wie hier gezeigt nicht zum Nachmachen gedacht - die hintere Sektion wird ebenso hochstabil, daß es nachher nicht mehr möglich ist die beiden Sektionen miteinander zu verbinden. Durch das Anziehen der Schrauben verzieht sich das ganze Gestell soweit, daß die Löcher nicht mehr übereinander liegen. Macht aber nichts, weil eben jene Eigenschaft auch dazu beiträgt daß es wie aus einem Guss wirkt wenn man es in der richtigen Reihenfolge zusammenbaut. Das würde natürlich kein Thema sein wenn ich das alles gemäß Handbuch zusammengebaut hätte, aber dann wäre vieles nicht so demonstrierbar gewesen. Und nachdem die Anleitung des Vorgängers einfach nur indiskutabel schlecht war, hab ich die Anleitung nach kurzem Studium beiseite gelegt und selbst zu arbeiten angefangen.
Hintere Cockpit-Sektion nochmal komplett aufbauen...
Der Keyboard Tray ist größer als beim Vorgänger und wird mit 4 Schrauben an seinen Arm angeschlossen. Er ist kompatibel mit dem Vorgängermodell (dem oZone, soll auch als Zubehör einzeln kommen um oZones aufzurüsten) und lässt deutlich mehr Bewegungs- und Einstellungsfreiheiten zu weil statt der rechtwinkeligen Stange 3 Drehgelenke verwendet werden. Die Mauspad-Oberfläche kommt diesmal zum selbst aufkleben daher. Ein Rückschritt wie ich finde, weil man bekommt das nie so schön hin wie es die Fabrik gemacht hätte und obendrein ist der Klebstoff der Mausmatte nicht sonderlich klebrig - an den Kanten stellt sich die Matte schnell wieder auf. Ich hab das vorerst einigermaßen in den Griff bekommen indem ich den Keyboard Tray 2 Tage lang mit der aufgeklebten Matte verkehrt und beschwert am Boden habe liegen lassen damit Druck drauf ist. Im Großen und Ganzen hat das funktioniert, allerdings halte ich es auch nur für eine Frage der Zeit bis das Problem wieder auftritt. Sollte dem so sein, werde ich das mit dem Klebeband fixieren und dann kann es nur passen.
Keyboard, Throttle und anfangen die Displays aufzuhängen:
Die Displays sind etwas trickreich, erforderte einiges an Experimentierarbeit um die Widerstände von all den Gelenken so hinzubekommen daß sie verstellbar bleiben aber dann doch die realtiv schweren Schirme noch dort halten wo man sie hingestellt hat. Man macht recht oft Schrauben auf und zu bis man diese Position gefunden hat wo alles harmoniert. Dafür passt es aber dann auch wirklich Der Monitorständer ist leider etwas wackelig auf den Beinen da er erst relativ weit oben die erste Querstrebe hat und da das Gewicht mit verhältnismässig langen Hebelarmen in Richtung User hängt, ist die Gewichtsverteilung suboptimal. Die pragmatische Lösung sind 2 Spaxschrauben pro Seite in Verbindung mit etwas Lochband aus dem Baumarkt. Sehr unauffällig und effektiv. Damit steht das Ding da wie ein Bock. Allerdings weiß ich nicht wie Leute das tun sollen die nicht einfach in die Stellfläche des Pits reinschrauben können oder wollen. Der Sockel beginnt sich bereits auszuzahlen...
Mit 3 Displays, Stick usw sieht das ganze schon nach Pit aus:
Der Zusammenbau gestaltet sich alles in allem unproblematisch für jemanden der einigermaßen handwerklich begabt ist. Wer vor einem Selbstbaumöbel kapituliert sollte das hier erst gar nicht versuchen. Der Aufbau benötigt aufgrund der vielen Teile und der sehr viel genaueren Einstellungsmöglichkeiten deutlich mehr Zeit als es noch beim oZone der Fall war. Es empfiehlt sich auch eine Ratsche und ein Bitsatz sowie ein Akkuschrauber. Auch Gabelschlüssel in 13mm sollte vorhanden sein in der heimischen Werkzeugkiste. Ebenfalls ein paar Schrauben parat haben, primär M4 Innensechskant für die Monitore, weil je nach Modell kann es sein daß die beiliegenden zu kurz sind um im Gewinde der VESA-Vorrichtung eines Screens zu landen. Doppelseitiges Klebeband sollte man sich überlegen, ich hatte es schon weil ich damit den Bodenbelag der Sockel vor dem Anschrauben der Leisten fixiert habe.
Verkabelung ist halt etwas schmerzhaft - es gibt keine Kabelführungen und durch die langen Monitorarme braucht man auch entsprechend lange Kabel, wenn man sie am Gestell entlang führen will. Wireless Screens gibts noch keine, für Keyboard und Maus empfehle ich es stark. Auch verwende ich 2 zusätzliche USB Hubs anstatt zig Verlängerungen einsetzen zu müssen.
Für die Lautsprecher muss ich mir noch was überlegen, aber eine ähnliche Variante wie beim Vorgänger mit zugeschnittenen Alustreifen wäre mechanisch zumindest machbar, man könnte es beim Pivot eines jeden vorderen Monitorarms mit einschrauben. Da aber seitens des Herstellers bereits Lautsprecherhalter angekündigt sind, warte ich vorerst einmal ab.
Nachdem die ganze Verkabelung erledigt war, 2 USB Hubs verteilt wurden (einer mit doppelseitigem Klebeband am "Rückgrat" des Pits angeklebt, der zweite einfach am Boden unter dem Sitz in den Sockel geschraubt) gilt es den Rechner anzustecken. Der Abstand von der Wand ist optimal gewählt, der Rechner lässt sich einfach in seine Ecke Rollen. Kabel dran, aufdrehen und gespannt sein.
Teil 2: Der Praxistest (a.k.a. "OMG, ich bin so aufgeregt!!!" )
Nun, erstes Probesitzen, passt! Keyboard kommt dort zum liegen wo man es will, Pedale sind gut erreichbar wenn man sich hineinsetzt. Der Touchscreen könnte allerdings ein paar Zentimeter höher hängen - die umgeklappte Lenkrad-Halteplatte hat zwar VESA Löcher spendiert bekommen, die Priorität wurde hier aber eindeutig auf das montieren von Lenkrädern (oder Yokes) gelegt. Es wäre daher wünschenswert wenn da eine für Bildschirme optimierte Halterung kommen würde, die Halteplatten der kleinen Seitentische wären ungefähr das was ich mir da vorstellen würde, ich hab allerdings nicht probiert das umzubauen. Allerdings muss man dazusagen daß as Vorgängermodell die Möglichkeit für die Montage eines Touchscreens gar nicht erst geboten hat und ich da von meiner Bastellösung (siehe anderer Thread) etwas verwöhnt bin. Dem Hersteller kann man da also keinen Vorwurf machen.
Die Throttle und der Touchscreen kommen sich etwas in die Quere wenn man den Schirm etwas zu sich herzieht. Allerdings reichen ca 5 Grad Drehung der Throttle nach außen und das Thema ist wieder gegessen. Ist sogar etwas ergonomischer, weil die Mittelachse der Throttle dann mit der Mittelachse des Armes zusammenpasst aus der Sitzposition heraus.
Der Becherhalter ist optimal erreichbar wenngleich momentan noch nicht kosmetisch auf der Höhe, die kleinen Seitentische passen grade so an meinem 23" Touchscreen vorbei. Ein zusätzliches Gelenk und etwas längere Stangen würden da so einiges für die Justierbarkeit tun. Wenn man das Ding mit einem Yoke oder Lenkrad verwendet ist es absolut perfekt. Wie beim Vorgänger gilt auch hier keine heißen Getränke ohne Untersetzer abstellen, die Acrylflächen sind hitzeempfindlich. Dieses Thema könnte natürlich auch für Raucher eines sein, von daher Vorsicht mit dem Aschenbecher.
Jetzt sollt ich mir noch etwas high-endigere Pedale holen, die CHs sind zwar ganz nett, aber die Pedale sind sehr weit zusammen wenn man den dicken Warthog zwischen den Beinen hat
Zum Abschluss noch ein paar Bilder
Verkabelung mit Kabelbindern:
Das fertige Werk in Desktop Config:
Und mit Flightstick/Throttle:
Fazit
Bis auf minimale Schönheitsfehler in Form von Transportschäden oder nicht ganz optimaler Touchscreenmontage bekommt man hier ein Cockpitgestell bei dem so gut wie alle Schwächen des Vorgängers rigoros ausgemerzt wurden, man kann dem Schöpfer Chris Dunagan nur ein Kompliment aussprechen - er hat sich das Feedback seiner Kunden zu Herzen genommen und wirklich fast komplett von vorne begonnen um dieses sehr beeindruckende Featureset auf die Beine zu stellen. Wer also den Umgang mit Werkzeug nicht scheut, nicht davor zurückscreckt kleine Unzulänglichkeiten selbst zurechtzubiegen und die ultimative Ergonomie am heimischen Rechner wünscht, dem kann man dieses Pit nur wärmstens ans Herz legen. Der Preis ist inklusive aller Zubehörteile zwar ziemlich genau doppelt so hoch, aber die zusätzlichen Features sind das Geld eindeutig wert. Der etwas wackelige Monitorhalter kann für Leute die nicht schrauben wollen auch mit Gewichten beschwert werden - Ich hätte auch das ganze Monitorgestell etwas mehr in Richtung Sitz rücken können, damit weniger Hebelwirkung auf die Halterung wirkt. Ich bin auf jeden Fall schwer begeistert und kann nur jedem empfehlen sich so ein Ding zu holen.
The Good:
Höllisch stabil
Flexibler als sein Vorgänger
Breitere Pedale nun möglich
Monitorständer mit allen Schirmen schwenk- und drehbar aufgehängt, unabhängig vom Hauptteil platzierbar
Keyboard Tray nun viel mobiler
Schwenkbare Tischarme sind viel flexibler als die Tischplatte des Vorgängers
The Bad:
Kein Kabelmanagement (bis auf Hauptrohr)
Keine Lautsprecherhalterungen (sind allerdings als Zubehör angekündigt worden!!)
Beinfreiheit bei größeren Touchscreens aufgrund mangelnder unabhängiger Höhenverstellbarkeit eingeschränkt
The Ugly:
Kleber löst sich von allen selbstklebenden Gummiflächen (Keyboardtray, Pedalfläche und mittlere Ablage wo ich in dem Fall den Monitor montiert habe).
Leichte Transportschäden (Becherhalter gebrochen, Plastikabdeckung am mittleren Screen-Halter abgesplittert allerdings nur kosmetischer Mangel)
Noch unerfüllte Zubehörwünsche:
Boxenhalterungen
Zusätzliche Segmente für die seitlichen Tischarme zum einbauen
Mehr für Touchscreens optimierte (sprich in der Höhe unabhängig vom Abstand justierbare) Mittelhalterung (die ja eigentlich für Lenkräder ist)
Kabelmanagement flächendeckend
Infos vom Hersteller selbst:
www.obutto.com
www.obutto.eu zum selber bestellen (europäischer Distributor sitzt in Portugal, Frachtkosten sind etwa 85 EU für das komplette 90,4kg Paket)
Feature Demonstration
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So,meine Herr- und Damenschaften, ich geh fliegen...