17 Jahre arbeitete er für die Lufthansa, seit 2004 steht Ralf Teckentrup an der Spitze von Condor. Im Gespräch spricht er über gute Mitarbeiter, den Verdrängungskampf und die Macht der Flugzeugbauer.
Herr Teckentrup, Sie klagen gerne lautstark über die Luftverkehrsabgabe und andere Belastungen. Kann man mit Urlaubsfliegern heute kein Geld mehr verdienen?
Ralf Teckentrup: Wir bei Condor können das. Und wir schreiben seit der Sanierung 2004 durchgehend Gewinne, im Jahr 2013 waren es 57 Millionen Euro. Wir haben konstant eine Umsatzrendite um die vier Prozent vor Zinsen und Steuern – wenn Sie mir eine Fluglinie in Deutschland zeigen, die besser ist, schenke ich Ihnen eine Flasche Champagner.
Das heißt aber, die Margen bei Fluglinien sind recht gering. Wird die Luft in der ganzen Branche dünner?
Teckentrup: Nicht überall. Flugzeugbauer gibt es auf diesem Planeten zwei große – Airbus und Boeing. Die haben fünf bis zehn Prozent Profitmarge. Dazu kommen Triebwerkshersteller – rund zwei bis drei, 20 Prozent Marge. Dann gibt es drei globale Ticket-Vertriebssysteme, die haben bis zu 30 Prozent. Flughäfen haben in ihrem Gebiet eine monopolähnliche Stellung, die funktionierenden haben 20 bis 30 Marge. Dazu kommen Bodendienste – zwischen fünf und 20 Prozent Marge. Beim Catering, da gibt es noch zwei Anbieter auf der Welt, sind es rund zehn Prozent Marge. Und am Ende gibt es die Fluggesellschaften. 1000 auf dem Planeten, rund 500 in Europa. Die liegen momentan bei Margen von minus zehn wie die Alitalia bis plus fünf Prozent.
Woran liegt das?
Teckentrup: Wir Airline-Manager und -Eigentümer bestellen so viele Flugzeuge, dass wir Überkapazitäten im Markt haben. Unsere Partner aus der Leistungskette fahren ihre Profite ein und schenken uns nichts. Condor spielt mit bis zu fünf Prozent Marge in der Champions League bei den Fluglinien.
Was können Sie besser als andere?
Teckentrup: Wir haben ein gutes Produkt und sehr gute Mitarbeiter in allen Bereichen. Das ist das Entscheidende: Wenn Sie jemanden nach seinem schönsten Flug fragen, wird er mit Sicherheit von einer besonders netten Serviceleistung in der Kabine oder einer lustigen Ansage aus dem Cockpit erzählen und nicht von einem speziellen Essen. Dazu kommt ein konstantes Kostenmanagement – 70 Prozent meiner Zeit entfallen darauf. Wir wachsen auch nur vorsichtig, immer mit Blick auf die Profitabilität.
Andere treten die Flucht nach vorne an – Lufthansa drängt in die Billig-Langstrecke, Norwegian Air hat 250 neue Flugzeuge bestellt.
Teckentrup: Was ist die Konsequenz? Norwegian hat gerade einen massiven Ergebniseinbruch berichtet. Es ist das Gleiche, was man bei anderen Airlines gesehen hat: Sie haben eine Riesenbestellung bei Airbus und Boeing aufgegeben. Das Problem ist: Wenn sie so was unterschrieben haben, liefern die auch. Die Flieger kommen, egal, ob man mit ihnen etwas anfangen kann. Aber es gibt gar keine neuen Strecken mehr für Flieger, nur Verdrängungswettbewerb. Deshalb liegt bei uns der Fokus auf hohen Erträgen: Wenn wir auf einer Strecke angegriffen werden, weichen wir nicht zurück – weil wir mit einer guten Kostenposition gegenhalten können.
Warum werden immer noch so viele Flieger bestellt? Können die anderen Manager alle nicht rechnen?
Teckentrup: Wer 200 Flugzeuge bestellt, kriegt so gute Preise, dass es eine große Verlockung ist. Und dann wird gehofft, dass man den Flieger zur Not weiterverkaufen kann, was aber kaum möglich ist. Daher ist es wahrscheinlich, dass dieses Verhalten bald zu einem Ausscheiden von schwächeren Unternehmen und einer Konsolidierung führen wird.
Die Lufthansa drängt mit bestehender Flotte in die Billig-Langstrecke.
Teckentrup: Die Frage ist, was die Lufthansa als Low-Cost-Langstrecke anbietet. Die versuchen doch zunächst, in ihrer Kostenstruktur auf ein besseres Niveau zu kommen. Unsere Kostenstruktur zu erreichen ist schwer, dafür haben sie natürlich eine größere Vertriebsstärke. Insgesamt dürften die Aktivitäten der anderen Airlines das Preisniveau drücken. Wir sind mit Kostensenkungsmaßnahmen und Wegen, neue Erlöse im Bordverkauf einzunehmen, gut aufgestellt und nicht pessimistisch.
Sparen Sie zu viel? Bei einem Condor-Flug ab Düsseldorf kam es zum Beispiel zu einer eintägigen Verzögerung. Personal war kaum vor Ort, Entschädigungen wurden nur auf Insistieren der Kunden ausgezahlt.
Teckentrup: Das war damals eine sehr unglückliche Verknüpfung mehrerer Umstände, durch die sich der Abflug immer wieder um einige Stunden verzögerte, bis das Nachtflugverbot den Flug verhinderte. Wir haben zwar eine schnelle Eingreiftruppe für solche Fälle, die aber nicht losgeschickt wurde, weil das Problem ursprünglich schnell behoben sein sollte. Und automatisch an alle Entschädigung zahlen können wir nicht, weil wir nicht alle relevanten Kontaktdaten von den Veranstaltern und Reisebüros erhalten.
Ab Herbst haben Sie einen Flieger in Köln-Bonn stationiert und fliegen nach Kuba. Ist da mehr geplant?
Teckentrup: Wir haben uns auf der Langstrecke mit den Startflughäfen Wien, München und nun Köln/Bonn unabhängiger von Frankfurt gemacht. Der Flug von Köln/Bonn läuft bezüglich der Buchungen gut, aber nicht überragend an. Wir beobachten das erst einmal. Einen möglichen Ausbau machen wir davon abhängig, wie gut diese erste Strecke ankommt.
Quelle: ksta.de