Nun, das mit Online-Aktivierung ist ja nur eine der vielen Spielarten von DRM, das ist wieder eine komplizierte Sache, wenn man seinen Standpunkt mit allen Hintergründen detailliert darlegen mag. Aber solange da gute Ideen letztendlich dabei rauskommen, sollte das funktionieren.
Ich bin persönlich der Softwarebranche nicht böse, daß sie ihre Errungenschaften schützen wollen bzw auch dafür entlohnt werden wollen, kein Mensch arbeitet gern umsonst. Die Frage ist also weniger das was, sondern das wie. Es war historisch die Userseite, die den ersten Stein geworfen hat. Blöderweise müssen jetzt alle User die Konsequenzen der Idiotie einiger weniger mit ausbaden. Und die Verursacher dieser Farce lassen sich davon weder beirren noch abhalten. Eine CD mit DRM versehen ist absoluter Unsinn. Entweder muss man dann immer die Disc im Laufwerk haben (was für mich schon mal ein Showstopper wäre) oder man schiebt dem User einen der allseits verhassten "Treiber" unter, so wie Starforce. Damit wird man nicht glücklich werden. Eine Online-Aktivierungslösung scheint die derzeit simpelste und beste Lösung zu sein. Allerdings hat auch das seine Grenzen. Wenn jetzt jeder Addon-Hersteller seine Produkte aktiviert haben will und mir so einen Launcher unterschiebt, dann wird das schnell spannend. Wenn die Online-Aktivierung nur eine einmalige Sache ist, dann wird dabei in der Regel auch nur ein File heruntergeladen oder wo was dazugeschrieben. Und das ist mit ein wenig Reverse Engineering nicht wirklich schwer zu knacken, wenn man es denn will. D.h. das Piraterieproblem (was ja der Grund für den ganzen Aufstand ist), wird man damit nicht in den Griff bekommen. Dann laden die Piraten sich das Registrier-File oder den Aktivierungscode aus der Windows Registry halt als Export gleich mit. Same difference.
Wenn man einen wirklich wasserdichten Kopierschutz haben will, dann ist das Steam-Modell kaum zu schlagen. Ja, viele Leute mögen es nicht. Da läuft ja ein Programm im Hintergrund. Aber da liegt der Knackpunkt. EIN Programm. Für alles. Und nicht für jeden Publisher, Addon-Hersteller und sonstigen DRM-Interessensvertreter. Ich für meinen Teil hab mit Steam null Schwierigkeiten - ich brauch mir die Regale nicht mit Boxen anfüllen, kann mal eben auf einem anderen Rechner in meinen Account einloggen und eines meiner Spiele drauf testen (teilweise sogar mit serverseitig gespeicherter Config in der Cloud) und hab eine tolle Integration aller Features. Soweit so gut. Das ist der Status Quo. Steam in seiner Ursprungsversion war ein unglaublich nerviges Teil, es wurde damals den Counterstrike Spielern per Patch einfach untergeschoben. Jeder hat es gehasst, und es wurden große Anstrengungen unternommen, das Spiel zu spielen, ohne den Steam Client am Rechner oder laufend im Hintergrund zu haben. Aber es gab keinen Ausweg. Es gab einige Leute, die dann aus Grant Valve Produkten für immer den Rücken gekehrt haben. Aber die Szene für CS war und ist deutlich größer als die für ernstzunehmende Flugsimulationen, von daher kann man es sich nicht leisten, einen solchen Schritt zu machen als Publisher, schon gar nicht alleine.
Es gibt ein paar wichtige Faustregeln, die es einzuhalten gilt, wenn man einem User DRM zumuten will.
1.) Es MUSS UM JEDEN PREIS laufen. Es kann nicht angehen, daß man ein rechtmässig erworbenes Produkt nicht nutzen kann, weil ein Publisher es nicht auf die Reihe bekommt sein DRM zb auf 64-Bit zu testen. Sowas kostet Kunden, und nicht zu knapp. Nebenbei sei erwähnt, daß Win 7 64 Bit deutlich mehr Marktanteil hat als Win XP 32Bit. Zumindest unter Zockern. Unfertige Produkte launchen kann man sich dann leisten, wenn man Vorbestellungen im Umfang eines AAA-Titels hat. Und die hat nunmal kein Flusi Produkt jeglicher Art. Das Call of Duty der Flugsimulationen wird es nie geben, dazu sind die Produkte zu komplex und anspruchsvoll. Wenn ein User sich mit dem DRM bewusst auseinandersetzen muss, dann hat der Hersteller oder Publisher einfach verloren. Ich erwarte mir, daß ich ein Produkt installiere, sozusagen auf Start klicke und dann hat das gottverdammt nochmal zu funktionieren. Im übrigen wirds mittelfristige EU-Richtlinie geben, die das Qualitätswesen im Bereich der Software auf juristisch stabile Beine stellt. Somit wird aufgrund der juristischen Angreifbarkeit diese Praxis sowieso ein Ende finden, sobald das erste mal im großen Stil von diesen Rechtsmitteln gebraucht gemacht werden wird.
2.) Die einzige Möglichkeit, sein Produkt wirklich zu kontrollieren, ist es als Prozess zu überwachen und nicht als Files. Steam hat das einzige gut funktionierende DRM der ganzen Spielebranche, weil es immer im Hintergrund läuft. Damit hat auch keiner ein Problem, sofern man den Kunden nicht damit stört. Allerdings ist das jetzt nicht ein Aufruf dazu, einfach einen Prozess-Watchdog zu programmieren (was bei Addons sowieso deutlich schwieriger wäre als bei Standalone Spielen). Wenn man auf Prozessebene monitoren will, dann ist das technisch lösbar. Wenn das nun jeder Publisher einzeln macht, dann geht nicht nur die Performance den Bach runter, sondern auch Kunden verlieren die Lust daran, sich gängeln zu lassen. Die Schmerzgrenze für solche Dinge ist verdammt niedrig. Steam zb macht zwar DRM, aber es bietet dafür auch Funktionalität. Chatfunktion, VoIP, Communityfunktionen, alles gratis mit drin. Somit hat nicht nur der Hersteller was davon, sondern auch ich als Kunde. Und diese Message ist enorm wichtig - warum soll ich als Kunde Rechenzeit auf meiner bezahlten Hardware für die Interessensvertreung einer Firma verschwenden, die ich bereits für ein Nutzungsrecht bezahlt habe, ohne dafür eine Gegenleistung zu bekommen? Wenn ich darüber nachdenke, wieviele Registrierungskeys über wieviele e-Mails verteilt bereits in meinem Flusi stecken, dann kommt mir die Galle hoch.
3.) Liebe Publisher und Hersteller - zieht an einem Strang. Wenn ihr funktionierendes DRM wollt, dann wird das nicht erreichbar sein, indem jeder Publisher oder Entwickler seine eigene Vorstellung davon implementiert. Damit verliert ihr mehr Kunden als ihr gewinnt. Das Ziel heisst im Wirtschaftsbereich ja glaub ich Wertschöpfungsmaximierung. Wenn ich weniger Titel verkaufe, die dafür auch bezahlt bekommen habe, dann freu ich mich mehr drüber, als wenn 10 Mio Leute mein Produkt verwenden, aber keiner dafür bezahlt hat. Ganz verhindern werde ich es nie können. Man könnte ein Flusi-Steam andenken. Aber ich glaub eher friert die Hölle zu, als daß sich alle namhaften Publisher da auf ein System einigen können, wage ich zu unterstellen. Abgesehen davon braucht man das jetzt wohl auch nicht mehr anfangen, MS wird das mit dem in Flight integrierten DLC Marketplace ein für alle Mal regeln. Und ihr schaut durch die Finger, weil die nun von euch Kohle nehmen werden, damit ihr Content in deren Produkt einschleusen könnt. Man kann jetzt argumentieren, daß das früher oder später sowieso passiert wäre, mag sein. Aber auf ein solches System hätt man sich schon vor Jahren auf den sagenumwobenen Entwicklerkonferenzen einigen können, derer gabs ja angeblich schon mehrere.
4.) Downloads oder Aktivierungen begrenzen ist Schwachsinn. Ich will Produkte, für die ich bezahlt habe, nochmal herunterladen können. Und wenn es tausende Male ist. Es geht euch nichts an, wieviele Festplatten ich verschrotte, wie oft ich mein OS neu aufsetze oder sonstwas. Man könnte jetzt damit argumentieren, daß es ebenso mein Problem ist, wenn ich bei einer Boxed Version die Disc kaputtmache. Klar ist das mein Problem, aber da wären wir wieder dabei, daß ich als zahlender Kunde auch bitte gerne einen Vorteil der digitalen Distributionsmethode hätte, wenn ich mich schon damit abfinden muss, daß der Download mit der Box preislich längst gleichgezogen ist. Ich erwerbe ein Nutzungsrecht ein Produkt. Dieses erworbene Recht nicht ausüben zu können, weil man mir Zugang zu meinem bezahlten Produkt verweigert, mit welchen fadenscheinigen AGBs auch immer, ist eine Aktion, die ich mit einem Vokabular beschreiben würde, das ich mir hier lieber verkneife.
5.) Kümmert euch um eure Community. Beginnt bei Usern, geht hin bis zu freiwilligen Betatestern. Wenn ich mich in einem Forum anmelden muss, nur um eine Frage zu stellen, deren Beantwortung ein Problem lösen soll, daß ich allein durch einen DRM-Mechanismus habe, der mir als Nutzer keinerlei Vorteile bietet, dann hat ein Hersteller bzw Publisher Mist gebaut. Das kann man so einfach nicht anders sagen. Wenn es dann womöglich auch noch dazu käme, daß ich mich durch die Blume fragen lassen muss, ob ich das Produkt denn rechtmässig erworben haben sollte, dann ist das schon mehr als dünnes Eis. Und auch wenn ein Kunde dann verärgert ist, den dann noch anzumaulen, ist schlichtweg eine Frechheit. Die Kommunikation mit der Community ist in der heutigen Spieleentwicklung einer der Grundpfeiler. Betatester sind enthusiastische Menschen mit oft sehr viel Ahnung von der Materie, testen das Produkt auch gleichzeitig auf deren Hardware, die mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit eine andere ist, als die der Entwickler. Alles für die gute Sache und aus Spaß an der Freude. Diese Leute geben Feedback und sind als gratis arbeitender Qualitätsbeauftragter zu sehen, für ihre Arbeit sollte man dankbar sein. Ihrem Feedback zu widersprechen ist widersinnig. Wenn ein Gratis-Mitarbeiter, also jemand der mir freiwillig hilft, einen Einwand hat, dann ist dem zuzuhören, allein schon aus Respekt. Ein Produktkonzept ist etwas organisches, es wächst mit den Leuten, die daran arbeiten. Diese Leute zu verärgern ist kontraproduktiv. Man beschränkt sich damit nämlich auf die Sichtweise der handvoll Programmierer, die gerade an etwas arbeitet. Und man wird bei sowas schnell betriebsblind, wie ich aus eigener Erfahrung weiß. Wer seinen bezahlten Testern nicht zuhört und deren Arbeitsergebnisse (gefundene Bugs zb) nicht würdigt und drauf reagiert, entiwckelt ein Produkt an der Realität vorbei. Wer das Glück hat, Leute zu haben, die gratis für einen testen und deren Engagement dann dadurch würdigt, daß man drauf spuckt, dem ist nicht zu helfen.
Mir ist klar, daß die eine oder andere Aussage von mir etwas Zündstoff enthalten könnte und womöglich sich jemand auf den Schlips getreten fühlen könnte. In diesem Fall tut es mir leid, aber das ist nunmal meine Meinung. Aber ich lasse mich natürlich gerne eines besseren belehren. Meine Meinung dreht sich zwar nicht wie das Fähnchen im Wind, aber sie ist auch nicht auf Stein gemeisselt und nur eine Momentaufnahme dessen, was mir mein Wissen den Sachverhalt betreffend an Schlussfolgerungen ermöglicht.
Und danke fürs Lesen, hätte selbst nicht gedacht, daß das so viel wird...