Metro für sich ist ja optisch hübsch und mag auf Telefonen und Tablets gut aufgehoben sein, aber solche Interfaces haben auf ausgewachsenen Desktoprechnern irgendwie nichts verloren find ich. Weil noch haben extrem wenige Leute Touchscreens an X86-kompatiblen Rechnern hängen (in der Tablet- und Mobil Welt ist die X86 Architektur bei weitem nicht so allein auf weiter Flur wie im Desktopbereich) und damit führt das ein touchscreenoptimiertes GUI als Zwang irgendwie ad absurdum. Daß sich MS mit der Zeit dem Kundendruck beugen wird bezweifle ich nicht und ich find es auch gut wenn man neue Features anbietet. Aber es wirkt einfach noch recht unausgereift.
Um etwas mehr ins Detail zu gehen - Tablets sind tolle Geräte wenns darum geht Content zu konsumieren. Webseiten surfen, Bücher lesen usw ist großartig auf so einem Gerät, nicht zuletzt wegen der Mobilität. Aber sobald ich anspruchsvollere Anwendungen (Content Creation!) haben will wie Simulationen oder einfach nur programmieren wo man zwischen vielen Fenstern öfter hin- und herschalten muss, da werden die mobilen Betriebssysteme schnell mühsam, sind sie doch eher auf Single-Tasking und Fullscreen hin optimiert.
Und da sitzt man nun vor diesem Zwitter - einem potentiellen Rechner mit 4Kern CPU, 16+ GB RAM, dicker Grafikkarte und man hat ein de-Fakto Tablet-OS drauf daß halt im Namen der Abwärtskompatibilität eine App namens Desktop hat. User von Netbooks oder gar Tablets haben fundamental andere Anwendungen am Laufen als Leute mit ausgewachsenen Stand-PCs oder richtigen Notebooks. Frag mal die nächstbeste Sekretärin ob sie auf einem Windows Tablet alle Briefe schreiben will, selbst wenn sie ein Keyboard dranhängen kann.
Ich halt es nicht für sonderlich klug, die beiden diametralen Plattformen Desktop-PC und mobile Betriebssysteme in einen Schmelztiegel zu werden und umzurühren. Diese vermeintliche Vereinfachung führt auch immer zu Funktionalitätsverlust (weil zu viel Funktionalität wäre ja zu verwirrend, zu unübersichtlich und damit nicht benutzerfreundlich).
Ich mag da sicher eine etwas seltsame Zielgruppe sein, aber ich hab irgendwie auch die tiefsitzende Angst daß die Softwareindustrie in ihrem shareholder-driven Massen-Appeasement Wahn den Bogen der Benutzerfreundlichkeit stark überspannt und diese ganzen Designsachen in Richtung "geistig behindertengerecht" kippen. Wohin das führt kann man sich grade im Bereich der Computerspiele ganz toll anschauen. Die wirklichen Innovationen kommen eigentlich mittlerweile von den Indie-Entwicklern, aber von den großen Publishern kommen eigentlich immer nur neu aufgewärmte Ausgaben bekannter Franchises die mit einem gewaltigen Werbebudget an den Kunden gebracht werden. Ich mag halt ein gutes Stück Software, kein gut beworbenes.
Ich mach normalerweise jede Blödheit mit und bin auch ziemlich flexibel was Umstellungen bei technischen Dingen betrifft (ich hab seit ca 1995 mit ziemlich jedem OS schon gearbeitet daß mehr als 3% Marktanteil geschafft hat), aber wenn ich mir alle paar Sekunden bei der Bedienung denken muss "was zum Geier hab ihr euch bitte DABEI gedacht?", dann find ich das etwas unschön.
Mittelfristig wird die Verwirrug sicherlich kleiner, da die bekannten Dinge wie Browser, IM-Clients, Mailprogramme usw als native Win8-App zu haben sein werden und man als einfacher User kaum in die Verlegenheit kommen wird den Desktop zu Gesicht zu bekommen. Aber für einige Dinge geht das per Definition nicht.
Ich mach gern eine Win8 Migration mit wenn ich dafür technische Fortschritte wie zb. optimalere Treiberarchitekturmodelle, besseren Hardwaresupport oder sowas bekomme, aber solange solche wirklich ausschlaggebenden Features dabei sind, werd ich noch abwarten. Ich hab den Sprung von XP auf Vista mitgemacht wegen DX10 und 64-Bit Support. Win7 war dann eigentlich das was man sich von Vista erhofft hatte. Aber was bringt mir Windows 8 genau an Verbesserungen in Sachen Performance oder Usability? Ein Programm öffnen wird nunmal nicht einfacher als ein Mausklick - und das kann ein Desktop schon, warum dann also all diese "Verbesserungen"?